









06.11.2010 – Regen, Kaffee und ein unsichtbarer Vulkan
Auf unserer Fahrt nach San José schüttete es wie aus Eimern. Felder und Wiesen, aber auch viele Ortschaften standen unter Wasser und die Straße war an mehreren Stellen durch Erdrutsche verschüttet. Mit schwerer Technik wurde wenigstens eine Fahrspur frei geschoben, so dass der Verkehr wieder rollen konnte.
Mit reichlich Verspätung kamen wir erst am Nachmittag auf dem, in Flughafennähe liegenden Campingplatz in Belén an – aber auch hier stand alles unter Wasser. Auf dem großen Parkplatz eines Flughafenhotels fanden wir dann den richtigen Platz für die erste Nacht mit unserer Tochter. Kurz danach kam die SMS von Katharina, sie war pünktlich in San José gelandet. Nach wenigen Minuten waren wir am Aeroporto und freuten uns auf das Wiedersehen. Basko spürte auch, dass etwas Außergewöhnliches bevorstand. Er war ganz aufgeregt, und als Kathi dann durch das Gate kam war er nicht mehr zu halten. Ehe wir es verhindern konnten sprang er aus dem Wohnmobil, rannte zu unserer Tochter und begrüßte sie auf seine Weise. Er sprang sie immer wieder an und gab eigenartige Laute der Freude von sich. Die anderen Reisenden amüsierten sich über dieses Schauspiel und Basko war der Hauptdarsteller. Wir waren mindestens genau so glücklich wie Basko und freuten uns auf die gemeinsamen Tage.
Der erste gemeinsame Abend ist immer etwas Besonderes. Kathi hatte wieder einige Delikatessen, ein wichtiges Ersatzteil für unsere Luftfederung und die bestellten Straßenkarten und Reiseführer für Südamerika mitgebracht. Als alles gesichtet war wurde noch erzählt, bis Kathi ihre Augen nicht mehr offenhalten konnte. Am nächsten Morgen waren wir schon zeitig auf den Beinen, die Sonne hatte uns geweckt und versprach einen schönen Tag. Kathi hatte keine Probleme mit der Zeitumstellung und konnte den Start zu unserer Rundreise kaum erwarten. Der erste Weg führte uns zu einem großen Supermarkt in Alajuela, wo wir uns für die nächsten Tage mit Lebensmitteln eindeckten. So ein gemeinsamer Einkauf ist immer ein interessanter Einstieg in ein fremdes Land. Das Warenangebot ließ kaum Wünsche offen, und besonders in der Obst- und Gemüseabteilung gab es immer wieder etwas Neues zu entdecken.
Nach dem ersten gemeinsamen Frühstück starteten wir zum Vulkan Poás. Die kurvige Straße führte durch ausgedehnte Kaffeeplantagen immer bergauf. Kaffee gedeiht auf den vulkanischen Böden und bei dem hier vorherrschenden Klima besonders gut. Er ist das wichtigste Exportprodukt der Region. Eine Kaffeeplantage lud zur Besichtigungstour ein, und so unterbrachen wir die Fahrt und erfuhren viel über den Kaffeeanbau.
Der Kaffeestrauch ist ein sehr sensibles Pflänzchen, welches ein ausgeglichenes Klima ohne Temperaturextreme benötigt. Die hier angebaute Sorte Arabica gedeiht am Besten in Höhen zwischen 600 und 1200 Metern, bei Temperaturen zwischen 18 und 25 Grad Celsius. Die Niederschlagsmenge ist ebenso wichtig wie die richtige Bodenbeschaffenheit. Nach einer Reifezeit von 6 - 8 Monaten beginnt im September die Kaffeeernte. Von jedem Strauch werden nur die roten Früchte gepflückt und dieser Vorgang wird mehrmals wiederholt. Die Ernte dauert bis zu 12 Wochen. Diese eintönige und schlecht bezahlte Arbeit wird zu 95 % von Pflückern aus Nicaragua und Panama erledigt. Nach dem maschinellen Schälen und Trocknen der Kaffeebohnen werden diese vorrangig nach Nordamerika und Europa verkauft und erst vor Ort geröstet. Der beste Kaffee wird exportiert, nur der minderwertige bleibt in Costa Rica. Eine traurige Tatsache für ein traditionelles Kaffeeanbauland.
Nach einer ausgiebigen Kaffeeverkostung aller Qualitätsstufen und Geschmacksrichtungen versuchten wir noch unser Glück beim Vulkan Poás, leider ohne Erfolg. Der Nationalpark war seit 16:00 Uhr geschlossen und es bestand auch keine Parkmöglichkeit für die Nacht. Wenige Kilometer talwärts lag das Restaurant Mirador. Nach dem Abendessen fragten wir den Besitzer, ob wir vor dem Restaurant die Nacht verbringen dürften. Er hatte eine bessere Idee und lud uns ein, im Garten seines Hauses zu übernachten. Trotz der windgeschützten Lage im Dorf zerrte und rüttelte ein aufkommender Sturm die ganze Nacht am Mobil und der Regen peitschte von allen Seiten. Am Morgen hatte sich der Sturm etwas beruhigt, einige Sonnenstrahlen bestärkten uns in der Hoffnung auf gute Sichtverhältnisse.
Noch vor der Öffnung des Nationalparks standen wir am Kassenhäuschen und waren dann recht enttäuscht, als der Parkrancher uns mitteilte, dass der Vulkankrater völlig wolkenverhangen sei. Wir hatten noch die Hoffnung, dass sich die Wolken auflösen, aber nach einer dreistündigen Wanderung im Nationalpark haben wir, nass und durchgefroren, aufgegeben. Der berühmte Krater des Vulkan Poás blieb für uns im Nebel verborgen und unsichtbar.
08.11.2010 – Vulkan und See Arenal
Den Nachmittag des trüben und regnerischen Tages nutzten wir, um nach La Fortuna und zum nahegelegenen Vulkan Arenal zu fahren. Nach der steilen Abfahrt vom Poás fuhren wir auf der nach Norden führenden Straße 9 bis San Miguel, wobei der Begriff Straße eine sehr positive Übertreibung ist. Die ersten 25 Kilometer bis zum Abzweig waren eine übelste Erdpiste – schmierig, schlammig und häufig von Wasser überspült. Wir sahen mit Sorge, dass uns nur allradgetriebene Fahrzeuge entgegen kamen und hofften, dass sich der Zustand der Piste nicht weiter verschlechtert und wir nicht stecken bleiben. Da die Piste leicht bergab verlief war ein Umkehren auch keine wirkliche Alternative. In San Miguel fiel uns ein Stein vom Herzen, ab hier war die Straße geteert und wir schafften es noch vor Einbruch der Dunkelheit bis nach La Fortuna.
Wenige Kilometer hinter dem Ort, am Fuße des Vulkans Arenal, fanden wir neben der Touristinformation einen schönen Stellplatz und richteten uns für die Nacht ein. Der Vulkan Arenal ist heute der aktivste Vulkan des Landes, obwohl man bis zu seiner Erstbesteigung im Jahre 1937 noch nicht einmal an einen vulkanischen Ursprung des damals völlig überwachsenen Berges glaubte. Am 29. Juli 1968 brach der Arenal mit einer gewaltigen Explosion aus und ist seitdem daueraktiv. Mit kurzen Ruhepausen wirft er immer wieder glühende Gesteinsbrocken und Lava aus, die an den Hängen des Vulkans zum Tal fließt und erkaltet. An manchen Tagen ist dieses Schauspiel mehrmals zu beobachten. Wir glaubten jedoch nicht daran, dass wir einen Ausbruch zu sehen bekommen. In der Nacht hörten wir dann das Grollen und Rumpeln des Vulkans. Sofort waren wir hellwach, sprangen aus den Betten, brachten die Kamera mit Stativ in Position und – sahen wieder einmal nichts. Der Vulkan lag hinter einer dicken Wolkendecke versteckt, nur ein leichter rötlicher Schein drang durch die Wolken, oder hatten wir uns getäuscht. Wir warteten noch einige Zeit und legten uns dann etwas enttäuscht wieder schlafen. Am nächsten Tag wurde uns der nächtliche Ausbruch von der Touristinformation bestätigt.
Das morgendliche Bad im heißen Flußwasser des Rio Arenal brachte uns nicht die Erfrischung, die wir uns bei fast 30 Grad Celsius Lufttemperatur gewünscht hätten. Angenehm war es trotzdem, in dem, mit Flußsteinen angestauten Wasserbecken zu liegen und die beruhigende Wirkung des warmen Wassers zu spüren. Auf der schön gelegenen Uferstraße rollten wir dann gegen Mittag nach Nuevo Arenal. Die Straße führte an herrlichen Lodges und gepflegten Hotels vorbei. So mancher Auswanderer hat sich hier sein kleines Paradies geschaffen. Am eindrucksvollsten ist das Hotel Los Héroes, mit dem ein Stückchen Schweiz an den Arenalsee gebracht wurde. Hotel und Restaurant sind typische schweizerische Berghütten, und weder die Bergkühe noch eine originelle Bergbahn fehlen.
In Nuevo Arenal angekommen verbrachten wir zwei ruhige Tage auf dem uns schon bekannten Platz, direkt am Seeufer. Am Morgen wurden wir von Brüllaffen geweckt und hatten das Glück, eine ganze Affenherde in den Bäumen am See beobachten zu können. Auch zwei Faultiere, ein Tukan und viele Nasenbären kamen uns vor die Linse. Die Arenalregion ist für uns die schönste Gegend in ganz Costa Rica.
11.11.2010 – Auf der Halbinsel Nicoya
Unsere Fahrt an die Pazifikküste führte uns um das nördliche Ufer des Arenalsees herum nach Cañas und weiter auf der Panamericana nach Liberia. Von hier war es nicht mehr weit bis zur Halbinsel Nicoya und ihren Pazifikstränden. Ganz im Norden der Halbinsel liegt Playa Panama, ein kleiner Ort mit einem ruhigen, aber wenig attraktiven Strand. Was wir hier noch als Einzelfall betrachteten begegnete uns, bis auf wenige Ausnahmen, an der ganzen Küste der Halbinsel: ungepflegte, mit Treibholz und Müll verunreinigte Strände und schmutziges Wasser. Viele Flüsse und Bäche ergießen eine schäumende Brühe ins Meer, so dass wir auf das Schwimmen im Pazifik an den meisten Stränden verzichtet haben.
Selbst am Playa Grande, einem der wichtigsten Eiablageorte der Lederschildkröten am Pazifik, ist ihnen der Weg zum Strand durch Berge von Treibholz versperrt. Bis zu 180 Weibchen dieser weltweit größten Schildkrötenart wurden schon gleichzeitig bei der Eiablage an diesem Strand beobachtet. 1991 wurde Playa Grande zum Meeresnationalpark Las Baulas erklärt. Seitdem darf man nachts nur mit Führer zur Beobachtung an den Strand. Mit 25 US $ ist dies kein ganz billiges Vergnügen, und dann war die Enttäuschung für die meisten Besucher groß. Eine einzige Lederschildkröte kam an Land, quälte sich über die Treibholzbarriere und vergrub ihre Eier im weichen Sand. Mehrere Touristengruppen wurden für einen kurzen Moment in die Nähe der Schildkröte geführt, um dann schnell der nächsten Gruppe Platz zu machen. Wir hatten den Eindruck, dass es hier weniger um Tierschutz als vielmehr um Kommerz ging. Einen ähnlichen Eindruck hatten wir auch in anderen Nationalparks und -reservaten. Für die nächtliche Tour am Schildkrötenstrand hätten wir genau so viel bezahlt, wie für einen Nationalpark-Jahrespass in den USA für bis zu 5 Personen. Wir waren froh, dass wir uns vorab bei anderen Touristen informiert und uns gegen die Beobachtung entschieden hatten. Viele Meeresbiologen warnen auch vor diesen Touren und raten, die Tiere bei ihrer Eiablage überhaupt nicht zu stören.
Weiter ging es nach Playa Samara, einem weiteren touristischen Zentrum an der Westküste, aber auch hier waren der Strand und das Wasser verschmutzt, der Ort wirkte etwas heruntergekommen und wenig einladend. Beim Abendspaziergang entdeckten wir eine Autovermietung und reservierten uns für den nächsten Tag einen kleinen Off-Roader. Der Südwesten der Insel ist noch ursprünglich, zum Teil sehr arm und ohne richtige Straßen – es gibt nur Pisten mit viel Schlamm. Hier fühlte sich unser Suzuki richtig wohl. Auch bei den Wasserdurchfahrten kleiner Flüsse machte er eine gute Figur. Am Rio Ario war dann aber doch Endstation für uns. Hier hatten wir keine Chance, selbst Pferde standen bis zum Bauch im Wasser. Wir kehrten um und fuhren auf einer trockenen Piste zurück. Es war ein toller Ausflug, nur Petra beschwerte sich über die harte Federung des kleinen Suzuki. Man kann eben nicht alles haben.
14.11.2010 – Monteverde und der Cerro de la Muerte
Über die große Brücke bei Puerto Moreno fuhren wir zurück aufs Festland und dann auf der Panamericana südwärts bis Rancho Grande. Hier zweigt die Straße zum Nebelwaldreservat Monteverde ab. Kurz nach dem Abzweig haben wir zwei Backpacker aufgelesen, die mit ihren großen Kraxen an der Straße standen. Wer nun denkt, diese Art des Reisens wäre nur jungen Leuten vorbehalten, der irrt sich sehr. Die zwei Belgier waren zusammen 141 Jahre alt (66 und 75). Jedes Jahr bereisen sie auf diese Weise eine andere Gegend und diesmal war es Zentralamerika. Das interessante Gespräch mit den zwei Herren verkürzte uns die lange Fahrt über die steile Gravelroad zum Naturreservat. Diese Piste war noch recht gut zu bewältigen, obwohl auch hier mehrere Fahrzeuge mit Reifenschäden ausfielen. Eine deutsche Reisegruppe wartete auf einen Ersatzbus, nachdem zwei Reifen innerhalb von 5 Minuten geplatzt waren. Viele andere Zufahrten zu Nationalparks und anderen Natursehenswürdigkeiten sind nur mit Allradfahrzeugen zu bewältigen und damit für unseren Ford Transit unerreichbar.
Am nächsten Tag standen wir Punkt 08:00 Uhr am Eingang, weil jeden Tag nur eine begrenzte Anzahl Tickets verkauft werden. Das Privatreservat Monteverde ist das bekannteste und meistbesuchte Costa Ricas – aber an diesem Morgen war wenig Andrang. Wir hatten den Park fast für uns allein. Das Nebelwaldreservat liegt genau auf der kontinentalen Wasserscheide, es wird klimatisch von der atlantischen wie auch von der pazifischen Seite beeinflusst. Drastische Klimaumschwünge sind hier keine Seltenheit und die hohe Niederschlagsmenge und Luftfeuchtigkeit begünstigen eine einmalige Flora, die von Orchideen und Bromelien bis zu verschiedenen Kletterpflanzen, Farnen und Moosen reicht. Kaum ein Baum, der nicht komplett bemoost und bewachsen ist.
Auf einem gut ausgeschilderten Weg haben wir das Naturreservat erwandert, haben Flüsse und Wasserfälle überquert und sind auf einer Hängebrücke durch die Baumwipfel gelaufen. Leider sahen wir von den vielen hier ansässigen Vögeln, Säugetieren und Reptilien kaum etwas. Die meisten Tiere haben wir in Costa Rica außerhalb von Nationalparks und Naturreservaten beobachtet. Trotzdem war Monteverde ein großartiges Erlebnis.
Über Puntarenas fuhren wir zur Küstenstraße 34 und dann immer nach Süden. Die Pazifikküste war hier etwas sauberer. Wir verbrachten noch 2 Tage in Playa Herradura, bevor wir bei Dominical die Pazifikküste verließen und auf die steile kurvenreiche Straße nach San Isidro abbogen.
In San Isidro de El General, wie der Ort richtig heißt, trafen wir wieder auf die Panamericana, die auf dem Teilstück bis Cartago mit 3300 Metern ihren höchsten Punkt erreicht. Neben der Straße liegt der Cerro de la Muerte, der Gipfel des Todes. Die Bezeichnung stammt noch aus der Zeit, als man den Pass mit Ochsenkarren überquerte und viele Menschen hier oben erfroren oder an Erschöpfung starben. Auch heute kommt es im dichten Nebel häufig zu schweren Unfällen, so dass der Name immer noch seine Berechtigung hat.
Vom Gipfel bot sich uns ein phantastischer Ausblick. Die Berggipfel der Cordillera de Talamanca wurden von einer lockeren Wolkendecke umspielt, im Nordosten spuckte der aktive Vulkan Turrialba dicke Rauchwolken und im Westen erkannten wir hinter einem Dunstschleier den Pazifik. Nur noch einen kurzen Moment konnten wir dieses Panorama genießen, dann kam Wind auf und alles versank in dichten Wolken.
18.11.2010 – Vulkan Irazú und Abschied
Vom höchsten Punkt der Panamericana ging es 2000 Höhenmeter bergab bis nach Cartago, der kleinen Stadt am Fuße des Vulkans Irazú. Cartagos Hauptsehenswürdigkeit ist die Basilica de Nuestra Señora de Los Angeles. Sie wurde 1926 erbaut und ist die bedeutendste Pilgerstätte des Landes. Aus dem ganzen Land, aus Panama und Nicaragua kommen die Pilger, die dann demütig auf den Knien rutschend die ganze Kirche und teilweise auch den Kirchenvorplatz durchqueren, um zum Altar mit der kleinen Statue der dunkelhäutigen Jungfrau zu gelangen.
Es war interessant, zu beobachten, wie nicht nur alte Menschen, sondern auch Teenager durch die ganze Kirche rutschten, am Altar dann aufstanden, ihre Ohrhörer des MP3-Players ansteckten und umschlungen mit ihren Partner die Kirche verließen.
Gleich hinter Cartago beginnt die Auffahrt zum Vulkan. Es ging wieder 2000 Höhenmeter hinauf, bis wir, im dichten Nebel, vor dem Eingang des Nationalparks standen. Heute wollten wir es etwas geschickter anstellen. Wir gaben uns ein Zeitlimit von drei Stunden und warteten vor dem Eingang. Alles lag im dichten Dunst, die Sicht betrug gerade mal 20 Meter. Kathi fragte traurig: „Haben wir heute wieder kein Glück?“ Plötzlich riss die Wolkendecke auf, innerhalb weniger Minuten war der Himmel blau und die Sonne schien. Wir bezahlten und fuhren zum großen Parkplatz. In einer Höhe von 3432 Metern lag der Vulkankrater eindrucksvoll vor uns. Der fast runde Hauptkrater hat einen Durchmesser von über 1000 Meter. Am Boden, in 300 Meter Tiefe, hatte sich ein kleiner grüner Kratersee gebildet. Die Zeit reichte gerade, um den Krater zu umlaufen und einige Bilder zu schießen, als neue Nebelschwaden und nachfolgende Wolken alles wieder in eine undurchdringliche Waschküche verwandelten.
Unser letztes Ziel war der Campingplatz in Belén, wo wir einen letzten gemeinsamen Tag mit unserer Tochter verbrachten. Am nächsten Vormittag hieß es, Abschied nehmen. Für eine lange Zeit wird uns nur die Erinnerung an diese gemeinsamen zwei Wochen Urlaub bleiben.
Mit einem herzlichen „Buenos días Bernd. ¿Cómo está usted?“ wurde ich am ersten Tag unseres Spanischkurses freundlich begrüßt. Sandra, meine persönliche Spanischlehrerin, hatte schon alles vorbereitet, so dass wir ohne Zeitverzug starten konnten. Auch Petra hatte sich schon mit Hugo, ihrem Lehrer, bekannt gemacht und die ersten Begrüßungssätze gelernt. Die 4 Stunden Intensivunterricht vergingen wie im Fluge und mittags rauchten uns die Köpfe. Da nützte es auch nichts, dass wir von unseren Lehrern gelobt wurden. Ich denke, sie wollten uns nur bei Laune halten. Auch in den nächsten Tagen wurde es nicht viel leichter, wir quälten uns mit Vokabeln, mit Grammatikgrundlagen und mit der Aussprache. Am Nachmittag versuchten wir unsere neuerworbenen Kenntnisse auf dem Markt oder in der Stadt anzuwenden.
Nach der ersten Woche haben wir dann auf weitere Grammatikpaukerei verzichtet und uns fast ausschließlich mit unseren Lehrern unterhalten, soweit es unser begrenzter Wortschatz zuließ. Oftmals mussten wir einen angefangenen Satz auf Englisch beenden oder uns mit einer Zeichnung verständlich machen. Sandra war sehr an Deutschland interessiert und ich hab viel über das Leben in Guatemala gelernt. Es war erschütternd, zu erfahren, dass 25 Prozent der Menschen weniger als 1 US $ pro Tag zur Verfügung haben, weitere 57 Prozent leben von weniger als 2 US $. 30 Prozent sind Analphabeten, 70 Prozent im arbeitsfähigen Alter zwischen 16 und 50 Jahren sind arbeitslos. Kinderarbeit, Kriminalität und Drogenkonsum nehmen zu und ein korrupter Staatsapparat lähmt die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung zusätzlich.
Leider gehören die Indigenas, sie stellen rund 50 Prozent der Einwohner des Landes, zur ärmsten und am meisten unterdrückten Bevölkerungsgruppe in Guatemala. Mit Kunsthandwerk und Handel versuchen sie einige Quetzales zu verdienen, um ihren bescheidenen Lebensunterhalt zu bestreiten. Zum Betteln sind sie zu stolz. Die meisten gehören einem der vielen Maya-Stämme an, die alle bis heute ihre Tradition bewahrt haben. Sie kleiden sich in der Stammestracht, verehren noch ihre Maya-Götter und sprechen ihre eigene Sprache. 21 verschiedene Mayasprachen gibt es in Guatemala, einige sind schon fast vergessen. So wird Itzá gerade mal noch von 300 Menschen gesprochen. Aufzeichnungen über diese Sprache gibt es kaum.
Die Kleidung der Mayafrauen ist an Farbigkeit nicht zu übertreffen. Fast alles ist handgewebt und oftmals noch mit traditionellen Farbstoffen gefärbt. Auf den bunten indianischen Märkten des Hochlandes kann man die Maya in ihrer traditionellen Kleidung sehen. Der bekannteste Markt ist in Chichicastenango, er ist an Vielfalt und Farbenpracht kaum zu überbieten und ein Muss für Guatemalareisende. Wir wollten diesen Markt natürlich auch erleben.
Von Antigua fuhren wir mit einem Kleinbus nach Chichi, wie die Stadt hier genannt wird. Schon weit vor der Stadt sahen wir die Indigenas, die zum Markt strömten. Einige hatten ihre Handelsware auf kleine Karren geladen, die meisten trugen sie aber auf dem Kopf oder dem Rücken. Der Markt selbst war eine unüberschaubare Ansammlung von Verkaufsständen und fliegenden Händlern. Es gab einfach alles, was man von einem guatemaltekischen Markt erwartet. Der Geruch von Leder und Plastik, von Obst, Blumen und Gewürzen sowie der Duft brodelnder Garküchen vermengte sich zu einer ganz speziellen Mischung, die im Umfeld der Kirche Santo Tomás von einem beißenden Qualm überdeckt wurde.
Die Kirche wurde 1540 von den Dominikanern auf den Stufen eines alten Mayatempels erbaut, um die in ihrem heidnischen Glauben verhafteten Maya überhaupt in die katholische Kirche zu bringen. Auf den 18 holprigen Stufen wurden, wie zu vorkolumbianischer Zeit, Kopalharz verbrannt, kleine Opfergaben an die Götter niedergelegt und Gebete gemurmelt. Eine Prozession der Cofradías, das sind kirchliche Würdenträger der Mayastämme, trug gerade ihren Schutzheiligen über den Markt und zurück in die Kirche. Andere Indigenas zündeten im Inneren der Kirche dünne Kerzen an, sie streuten Blütenblätter und Kiefernnadeln auf den Boden und benetzten diese mit Weihwasser und Schnaps. Jede Blütenfarbe und jede Opfergabe hat ihre ureigene Bedeutung.
Von den obersten Stufen der Kirchentreppe hatten wir einen guten Überblick über den Markt. Von hier gelangen uns auch einige Schnappschüsse mit dem Teleobjektiv, Fotografieren ist auch hier unerwünscht. Wir ließen das bunte Treiben und die fremde Kultur noch etwas auf uns wirken, bevor uns der Kleinbus wieder über die abenteuerliche Passstraße nach Antigua brachte.
13.10.2010 – Zum Vulkan Pacaya
Wir hatten uns in Antigua recht gut eingelebt. Schon nach kurzer Zeit hatten wir einige nette Bekanntschaften gemacht, wir wurden eingeladen und Petra konnte beim BBQ mit ihren Salaten punkten. Interessant waren die Gespräche mit Gary, einem US-Amerikaner aus Kalifornien, der mit seiner Frau Debra in Antigua lebt. Er war der erste US-Amerikaner, der sich im Gespräch mit mir positiv über Präsident Obama geäußert hat. Die Dänen Danni und Lars kamen gerade aus Südamerika und hatten viele nützliche Tipps für uns, und der österreichische Geschäftsführer unserer Stammgaststätte erklärte uns die Restaurantszene in Antigua und die Besonderheiten der guatemaltekischen Küche.
Die Tage vergingen schnell. Nach dem Spanischunterricht war meist ein kurzer Stadtspaziergang oder der Besuch des großen Marktes angesagt. Am Nachmittag organisierte die Schule dann immer einen Ausflug in die Umgebung. Die interessanteste Exkursion war die Besteigung des Vulkans Pacaya. Er ist einer der aktivsten Vulkane der Welt, erst im Mai dieses Jahres brach er das letzte Mal aus. Asche und Sand wurden bis nach Guatemala City geschleudert und legten dort den Flugverkehr lahm. Tausende Menschen flohen aus ihren Häusern oder wurden evakuiert. Zwischenzeitlich war der Vulkan zur Ruhe gekommen, aber die Angst vor dem nächsten Ausbruch ist gegenwärtig. In San Vicente Pacaya, dem kleinen Ort am Fuße des Vulkans, erinnerte noch manches an den letzten Ausbruch. Vulkansand säumte die Straßen und manches Haus war unbewohnt.
Kurz hinter dem Ort endete die Straße, ab hier ging es zu Fuß. Unsere kleine Gruppe wurde von einem Guide und bewaffneten Parkranchern begleitet. Diese Sicherheitsmaßnahme war erforderlich, weil es immer wieder Überfälle auf Reisegruppen und Touristen gab. Mehrere Pferdeführer boten uns ihre Tiere für den Aufstieg an – aber wir hatten unseren Stolz. Wir wollten den Gipfel des Pacaya auf eigenen Füßen erreichen. Der Weg war steil und anstrengend. Nach fast zwei Stunden Aufstieg hatten wir knapp 1000 Höhenmeter überwunden. Die Grenze der Vegetation war erreicht, ab hier gab es nur noch Lavagestein und Sand. Der Wind blies uns Staub und Sand ins Gesicht. Schwefelhaltiger Rauch erschwerte das Atmen. Langsam wurde es vom Erdboden her wärmer. Beim Versuch, einen Stein aufzuheben erschrak ich und lies ihn wieder fallen – er war heiß. Soweit das Auge reichte sahen wir nur totes Gestein, Geröll und aufsteigende schweflige Dämpfe. Wir befanden uns in einer fremden menschenfeindlichen Umgebung. Der Weg wurde immer beschwerlicher, der Wind immer stärker, so dass wir Mühe hatten, uns auf den Beinen zu halten. Wir kletterten über scharfkantige Lavabrocken und Schlackeberge. Nach einer weiteren Stunde war das Ziel erreicht. Wir standen, unmittelbar unter dem Gipfel, an einer Vulkanspalte, und sahen ins Innere der Erde. Heiße Luft schlug uns ins Gesicht und lies den Blick nur von einer bestimmten Stelle aus zu. In einigen Metern Tiefe blubberte das rotglühende Magma. Erst jetzt wurde uns richtig bewusst, dass wir auf dem Weg hierher nur wenige Meter über dieser Magmablase gelaufen sind und ihre Kraft gespürt haben. Jederzeit könnte es hier eine neue Eruption geben. Der Pacaya ist seit 1965 daueraktiv.
Unser Guide ließ es sich nicht nehmen, über der Vulkanspalte einige Marshmallows zu rösten, bevor wir den Rückweg antraten. Der Abstieg war nicht viel leichter. Im Licht der untergehenden Sonne hatten wir noch mal einen traumhaften Blick auf den bei Antigua liegenden Vulkan Agua, und dann umgab uns Dunkelheit und Stille. Wir schalteten unsere Taschenlampen an und liefen schweigend zum Shuttlebus. Die Eindrücke dieses Tages mussten erst einmal verarbeitet werden.
19.10.2010 – Adios Guatemala
Nach über 5 Wochen in Guatemala nahmen wir Abschied von diesem landschaftlich reizvollen, aber recht armen und unsicheren Land. Die meiste Zeit haben wir in Antigua, einem der wenigen touristisch erschlossenen Zentren des Landes, verbracht. Die kleine Kolonialstadt, eingebettet zwischen den Vulkanen Agua, Acatenango und dem ständig Rauch ausstoßenden Fuego, hatte es uns angetan. Fast täglich waren wir in der Altstadt unterwegs, haben das indigen geprägte Leben auf uns wirken lassen und uns am Abend ein schönes Restaurant fürs Abendessen gesucht. Selbst das tägliche Feuerwerk, oftmals begann es schon morgens um 4.00 Uhr, störte uns kaum noch, seit wir wussten, dass damit ein alter Brauch aufrechterhalten wird. Mit Raketen und Böller sollten die Gebete schneller zum Himmel getragen werden.
Antigua war, aufgrund der hohen Polizeipräsenz, recht sicher, was man vom Umland nicht unbedingt behaupten kann. Erst vor wenigen Tagen wurde wieder eine Reisegruppe bei der Besichtigung einer Kaffeeplantage überfallen und ausgeraubt. Wir hatten bisher keine schlechten Erfahrungen gemacht, umso gewöhnungsbedürftiger war es, dass uns auf allen Wanderungen und Exkursionen außerhalb der Stadt die Touristenpolizei begleitete.
Der Abschied von den neugewonnenen Freunden war herzlich. Debra organisierte extra für uns eine Abschiedsparty und verwöhnte uns mit landestypischen Spezialitäten. Garys guter Ratschlag, nicht durch Guatemala City zu fahren sondern vorher abzubiegen, klang uns noch in den Ohren, als wir schon mitten drin waren, in Guatemala City. Wir hatten den Abzweig verpasst. Die Stadt ist, ähnlich wie das ganze Land, von Armut geprägt. Nur wenige Stadtzonen sind sicher, sauber und modern. Hier wohnt die Oberschicht Guatemalas.
Wir kämpften uns durch das mit alten qualmenden Autos und schrottreifen Bussen zugestopfte Gewirr der Straßen. Kein Hinweisschild zeigte uns den Weg und unser Navigationssystem war auch keine große Hilfe. Oftmals verlor es die Satellitenverbindung oder es schickte uns in die gesperrte Richtung einer Einbahnstraße. Irgendwann waren wir dann doch am anderen Ende von Guatemala City angekommen. Die Ausfallstraße nach Osten war in einem recht guten Zustand, und so fuhren wir an diesem Tag noch bis kurz vor Honduras.
22.10.2010 – Honduras: Mayakultur und deutsche "Diplomatie"
Honduras hat, neben El Salvador, den zweifelhaften Ruf, das gewalttätigste Land der Welt zu sein. 67 Morde auf 100.000 Einwohner im letzten Jahr (im Vergleich dazu: Mexiko = 14; USA = 5,4; Deutschland = 0,86) zeugen vom hohen Gewaltpotential. Wir wollten Honduras sehr schnell durchqueren.
Der Grenzübertritt in El Florido war unkompliziert, wenn auch sehr zeitaufwändig. Die Grenzstation befand sich gerade im Umbau, und so stauten sich die LKW auf der engen Straße zwischen den Schlagbäumen. Wenn ein Fahrzeug durchfahren wollte, mussten alle anderen umrangieren. Ständig wurde irgendein Fahrer gesucht, dessen Auto im Weg stand. Wir mussten höllisch aufpassen, dass alle Dokumente richtig ausgefertigt wurden. Erst auf meine ausdrückliche Intervention wurde das Wohnmobil auf der guatemaltekischen Seite korrekt aus dem Pass ausgetragen. Es war einfach vergessen worden.
Hinter der Grenze wunderten wir uns über die relative Sauberkeit und einigermaßen ordentliche Straßen. An einem Schwimmbad verbrachten wir den Rest des Tages und die Nacht, bewacht vom Nachtwächter mit seiner großkalibrischen Waffe. Er zeigte uns ganz stolz sein Gewehr und feuerte auch gleich mal einen Probeschuss ab. Uns wurde ganz übel. Hoffentlich werden wir am Abend nicht mit einem Einbrecher verwechselt, wenn wir mit Basko noch mal raus müssen. In Honduras gehört das Tragen solcher Waffen zur Normalität und alles wurde bewacht. Selbst auf dem Limonadenlaster von Coca-Cola saß ein bewaffneter Wächter. In der Nacht hörten wir vereinzelte Schüsse in der Ferne, aber uns war nichts passiert und so konnten wir am nächsten Tag das touristische Highlight von Honduras, die Ausgrabungen von Copán, besichtigen.
Copán ist die südlichste Mayasiedlung in Zentralamerika. Sie zeichnet sich durch absolut kunstvoll gefertigte Stelen und die großartige Hieroglyphentreppe, das größte in Stein gehauene Schriftwerk der Maya, aus. Die 63 Stufen sind mit 2200 Zeichen beschrieben, welche die Geschichte von gut 200 Jahren Copán darstellen. Vieles in Copán wurde vom 13. Herrscher in Auftrag gegeben, dessen lustigen Namen „18 Kaninchen“ (Waxaklahun Ubah) wir uns schnell gemerkt haben. Angenehm empfanden wir, dass es auf dem Ausgrabungsgelände keine nervigen Händler gab - unschön war der hohe Eintrittspreis. Copán war teurer als alle von uns in Mexiko besuchten Mayastätten zusammen.
Am Parkplatz wartete schon der Wächter, den wir gebeten hatten, etwas auf unser Auto aufzupassen. Eine Hand an der Heckleiter sollte uns zeigen, wie ernst er seinen Job nahm. Als wir ihm dann 2 Dollar gaben war es für ihn wie Weihnachten und Geburtstag an einem Tag. Seine Augen leuchteten und er bedankte sich immer wieder. Dann sperrte er noch unnötigerweise die Straße ab, damit wir ungehindert vom Parkplatz fahren konnten.
Wir fuhren von Copán in Richtung San Pedro Sula, eigentlich ein Umweg, aber wir waren uns sicher, dass diese Straße geteert ist. Mit aufkommender Dunkelheit steuerten wir ein Hotel an und waren angenehm überrascht, wie freundlich wir aufgenommen wurden. Wir durften kostenlos auf dem bewachten Hotelparkplatz übernachten, konnten Pool, Dusche und Internet nutzen und im Restaurant haben wir so gut wie lange nicht mehr gegessen. Als wir dann die Rechnung sahen vermuteten wir einen Rechenfehler – aber es war alles korrekt. Unser Abendessen kostete mit Getränken nicht mal 7 Euro.
Am nächsten Morgen starteten wir sehr zeitig, wir wollten eine große Strecke schaffen. Das gelang uns dann auch, denn ab San Pedro Sula hatte die Straße deutschen Standard. Nach wenigen Kilometern sahen wir den Grund, ein Plakat informierte darüber, dass sie als Hilfsprojekt von der EU und von Deutschland gebaut wurde. So kamen wir recht flott bis nach Tegucigalpa, der Hauptstadt von Honduras, wo man die Weiterführung der Straße dem honduranischen Schicksal überließ. Die vierspurige Superstraße endete an einer gewaltigen Baugrube, von einer Umleitung keine Spur. Also wenden und zurück. Nach einer Irrfahrt über Baustellen und durch Elendsviertel hatten wir es geschafft, wir fuhren auf der Ausfallstraße in Richtung Nicaragua. Leider währte unsere Freude nur kurz, nach wenigen Kilometern kam eine Polizeikontrolle. Der Trick mit dem freundlichen Winken und langsam weiter fahren funktionierte diesmal nicht. Als ob meine Nerven nicht schon genug strapaziert waren - wir wurden rausgewinkt.
Nach der Kontrolle von Führerschein und Einfuhrpapieren des Wohnmobils wurden wir über unser „Vergehen“ aufgeklärt. Wir hatten, so wie es angeblich ein Gesetz in Honduras verlangt, keine zusätzlichen Reflektoren am Auto aufgeklebt. Umgerechnet 40 US $ sollte es kosten. Nun sind 40 US $ keine Summe, die uns arm gemacht hätte, aber ich wollte diese Farce nicht mitspielen. In Honduras fallen manche Autos fast auseinander, die Reifen sind abgefahren und die Beleuchtung funktioniert nicht, aber Reflektoren müssen sein. Dagegen entspricht unser Wohnmobil allen gängigen Vorschriften, wir haben Lampen an der Seite und extra große Reflektoren am Heck. Für mich stand fest: Ich bezahle keinen Lempira. Als ich nach langer Diskussion mit dem Polizisten kein Einlenken erkennen konnte, änderte ich die Taktik. Ich wollte jetzt nur noch mit dem Jefe, dem Vorgesetzten, sprechen. Dass dieser kein Wort Englisch verstand war kein Nachteil für mich. Freundlich und in ruhigem Ton begrüßte ich den Chef, stellte mich mit Namen vor und erzählte alles Mögliche in Deutsch. Keiner verstand mich! Immer wieder verwendete ich die Worte „Diplomatico“ und „Embajado“ (Botschaft). Ich wollte damit zum Ausdruck bringen, dass mein Auto den Bestimmungen entspricht und ich diese Auskunft von der Botschaft bekommen hätte. Mein Gegenüber wurde bei dem Wort „Diplomatico“ zunehmend unsicher. Jetzt legte ich nach. Ich konnte mir das Lachen kaum verkneifen, als ich auf das große „D“ an der hinteren Stoßstange zeigte und noch mal „Diplomatico“ murmelte. Der Jefe hatte den Köder geschluckt. Innerhalb weniger Augenblicke hatte ich meine Dokumente wieder und wurde mit Handschlag und militärischen Gruß verabschiedet.
Petra war im Auto geblieben und fragte mich nach meiner Rückkehr, wie viel ich bezahlt hätte. Sie müsste mich eigentlich besser kennen. Bei der Weiterfahrt nach Nicaragua lachten wir noch lange und herzlich über die Tricks der Polizei und unsere "Diplomatie".
26.10.2010 – Nicaragua: Managua, Granada und der rauchende Höllenschlund
Der Grenzübertritt zwischen Honduras und Nicaragua war der bisher komplizierteste auf unserer Reise. Es war nicht zu erkennen, nach welchem System hier gearbeitet wurde und wo wir uns überall einen Stempel holen mussten. Gleich nach dem ersten Schlagbaum wurden wir von einem Dutzend Schlepper genötigt, ihre Dienste in Anspruch zu nehmen. Wir mussten mehrfach mit deutlichen Worten ablehnen, ehe sie begriffen, dass bei uns nichts zu holen war. Wenn schon Hilfe an der Grenze, dann von einem offiziellen Agent. An dieser Grenze nahmen wir diese Fremdhilfe das erste Mal in Anspruch. Nach zwei Stunden hatten wir die Grenzformalitäten hinter uns und rollten auf der hervorragend ausgebauten Interamericana nach Managua.
Wir erkannten erst gar nicht, dass wir schon in der Hauptstadt angekommen waren. An der Hauptstraße standen baufällige Baracken und kleine Hütten oder die Grundstücke waren unbebaut und vom Unkraut überwuchert. Auf dem Mittelstreifen der Straße grasten Schafe, Ziegen und Esel. „Rechts geht es zum Nationalpalast“ sagte Petra plötzlich, ich wollte es erst nicht glauben. Inmitten dieser ‚dörflichen Idylle’ befand sich wirklich die ‚Area Monumental’, das Zentrum Managuas mit der baufälligen Kathedrale, dem Nationalpalast, dem Theater und dem neuen Präsidentenpalast. Wenige hundert Meter weiter begannen schon die Slums von Managua. Nach einer kurzen Besichtigung wollte ich, vorbei an der Kathedrale, noch zum schönen Managuasee laufen, als ich von Passanten und von einem Wachmann der Kathedrale davor gewarnt wurde, diesen Weg zu gehen. Meine kleine Kamera, mein Geld und ich selbst wären dort nicht sicher. So viel Unsicherheit in dieser Stadt, dabei hab ich, selbst im repräsentativen Zentrum von Managua, keinen einzigen Polizisten gesehen. „Die stehen lieber an der Landstraße und kontrollieren Touristen“, meinte Petra, als ich nach zwei Stunden wieder beim Wohnmobil war. Sie hatte es aus Sicherheitsgründen vorgezogen, im Auto zu bleiben. Auch auf der Weiterfahrt durch die Stadt haben wir kein vernünftiges Stadtviertel gesehen. Die Stadt hat wirklich nicht viel zu bieten. Man sollte aber wissen, dass Managua 1931 und 1972 durch schlimme Erdbeben fast vollständig zerstört wurde und die katastrophalen Auswirkungen des Hurrikans Mitch von 1998 auch noch nicht überwunden sind.
Uns gefiel es hier nicht, wir wollten recht schnell weiter, Richtung Granada. Auf halbem Weg liegt eine Attraktion Nacaraguas, der Vulkan Masaya mit seinen ständig Schwefeldampf speienden Santiago-Krater.
Die Besichtigung wurde uns leicht gemacht, wir konnten mit dem Wohnmobil bis zum Kraterrand fahren. Nach dem Aussteigen tränten uns schon die Augen und der Schwefelrauch kratzte in der Kehle. „Maximal 20 Minuten Aufenthalt“ hatte uns der Ranger am Eingang empfohlen, „der Wind bläst heute den Schwefeldunst direkt zum Parkplatz“. Mit den bereitgestellten Gasmasken ging es dann aber recht gut. Wir blickten in den qualmenden Höllenschlund. Schon die spanischen Eroberer nannten den Vulkan ‚La Boca del Infierno’ und setzten ein Kreuz an den Kraterrand, um den Teufel abzuwehren. Das Kreuz steht noch heute.
Die Nacht verbrachten wir passend bei den Bomberos (der Feuerwehr) in Macaya. Stolz führten sie uns ihre Fahrzeuge vor und wurden fast euphorisch, als sie uns ihr Schmuckstück, ein altes in Deutschland ausgemustertes MAN-Löschfahrzeug, zeigten.
Am nächsten Tag fuhren wir nach Granada. Es ist wohl die schönste Stadt Nicaraguas. Das historische Zentrum besticht durch gut restaurierte Gebäude im Kolonialstil und eine schöne Kathedrale. Die Stadt hat Stil und Ambiente, wenngleich wir nur wenige Meter abseits des Zentrums die wahren Lebensverhältnisse der Nicaraguaner sahen. Nicaragua ist, nach Haiti, das ärmste Land Lateinamerikas. Enttäuscht waren wir vom Centro Turístico am Nicaraguasee. Trotz Eintrittsgebühr machte der schön gelegene Park einen verfallenen und verschmutzten Eindruck.
Den Abstecher von der Interamericana nach San Juan del Sur haben wir nicht bereut. Es ist ein wirklich netter sauberer Küstenort am Pazifik, mit einigen typischen Strandrestaurants und einer schönen Badebucht. Wir standen mit unserem Hobby direkt an der Uferpromenade. Neben uns saß auf einer Bank eine junge Familie mit 2 Kindern. Am Abend bat uns der Familienvater um etwas Wasser für seine Kinder. Im Gespräch erfuhren wir, dass die Familie, in der Hoffnung auf Arbeit, mit dem letzten Geld hierher gekommen war. Arbeit gab es leider keine, und nun versuchten sie wieder in ihr Heimatdorf zu kommen. Die Bescheidenheit der Eltern und die Art, wie die zwei Kinder sich stundenlang mit einem kaputten Auto und einer zerfledderten Puppe beschäftigt haben, rührten mich. Ich denke, die kleine Spende für ein Frühstück und den Bus nach Hause war gut angelegtes Geld. Mit keiner Silbe hatte mich die Familie angebettelt, obwohl wir in ihren Augen sehr reich waren und ihnen das Nötigste fehlte. Am nächsten Morgen kamen die Eltern noch mal ans Wohnmobil und bedankten sich so herzlich, dass es uns fast peinlich war.
Wir verließen Nicaragua mit einem guten Gefühl.
Die Ausreise aus Nicaragua war wirklich stressig. Auf dem weitläufigen Gelände des Grenzübergangs bei Peñas Blancas herrschte Chaos. Wir bekamen keine Auskunft, ohne dafür zu bezahlen. Selbst für die normalen Ausreiseformulare wollten die Schlepper 2 US $ haben. Unser Ehrgeiz war geweckt. Keinen Cent den Schleppern! Wir wollten es allein schaffen. Zwei Stunden standen wir am Ausreiseschalter und dann noch die Prozedur mit der Wohnmobilausfuhr aus Nicaragua. Man kann sich als Europäer kaum vorstellen, mit welchem bürokratischen Aufwand jedes Auto an den Grenzen importiert und dann wieder exportiert werden muss. Der gleiche Ablauf gilt auch für die Bewohner Zentralamerikas, die mit ihrem Auto mal ins Nachbarland fahren wollen.
Nach zwei weiteren Stunden war das Exportformular mit unzähligen Stempeln, Unterschriften und Häkchen versehen. Es sieht gut aus, dachte ich, und fuhr optimistisch zum Schlagbaum.
Der Beamte erkannte jedoch sofort, dass noch ein Stempel fehlte. Also, wenden und zurück. Die großen Trucks mussten umrangieren, damit wir mit dem Wohnmobil durchkamen. „Wo ist nun der wichtige Beamte mit dem letzten Stempel?“, wieder keine Antwort, nur das Angebot, „für 10 US $ wird alles erledigt“. Nein, nun erst recht nicht. Am dritten Fensterchen wurde ich schon fündig – Stempel drauf und ab nach Costa Rica.
In Costa Rica empfing uns eine andere Welt. Alles war geordnet, übersichtlich, kostenlos – und langsam. Typische Beamtenmentalität, dachte ich, und lag damit wohl nicht so falsch. Aber gute Beamte sind eben auch gründlich, und so mussten wir das erste Mal seit Kanada den Gesundheitspass von Basko vorzeigen.
20 Kilometer hinter der Grenze liegt der kleine Ort La Cruz. Dort haben wir die sagenhafte Summe von 150.000 Colones (Kurs 1 : 720) abgehoben und die erste Bekanntschaft mit den miserablen Straßen Costa Ricas gemacht. Wir wollten die Nacht am Pazifik verbringen, mussten dann aber nach 10 Kilometern auf der Schlammstrecke wenden, um nicht zu riskieren, uns auf dieser einsamen Piste festzufahren. Neben der Polizeistation fanden wir dann einen sicheren, wenn auch nicht so idyllischen, Übernachtungsplatz.
In Liberia, der ersten größeren Stadt nach der Grenze, begeisterte uns das Angebot und die Sauberkeit des Supermarktes, ein Blick auf den Kassenbon dämpfte unsere Begeisterung wieder - Costa Rica ist kein günstiges Reiseland.
Wir wollten weiter zum Arenalsee (Laguna de Arenal) und kämpften uns über bucklige Straßen bis nach Tilaran. Hier beginnt die Uferstraße um den See. In Nuevo Arenal war erst einmal unser Zwischenziel erreicht. Wir klopften bei ‚Toms German Bakery’ an und wurden, trotz Ladenschluss, freundlich empfangen. Tomas betreibt seine deutsche Bäckerei mit Restaurant seit über 15 Jahren, er hatte viel zu erzählen und einige gute Ratschläge für uns. Zur Begrüßung gab es Bratwurst mit Sauerkraut, frisches Schwarzbrot und Paulaner Weizenbier.
Auf dem gemeindeeigenen Platz am Seeufer konnten wir kostenlos campen, hatten Wasser, Strom und täglich frische Backwaren aus Toms Bäckerei. Wir brauchten eine kleine Ruhepause und verbrachten 6 Tage am See. Mit dem Schreiben von Reiseberichten, dem Sortieren von Photos und der Planung unserer gemeinsamen Zeit mit Kathi vergingen die Tage. Dann wurde es Zeit aufzubrechen. Wir müssen am 05. November pünktlich in San José am Flughafen stehen.
In Mexiko City, der 25 Millionen-Metropole, ist Individualverkehr durch hohe Maut- und Parkgebühren sowie ständig verstopfte Straßen und unzählige Baustellen nicht nur teuer, sondern auch zeitintensiv und nervenaufreibend. Als Alternative dazu gibt es ein hervorragend funktionierendes Bus- und Metrosystem. Sieht man mal von der Hauptverkehrszeit ab, wo sich unglaubliche Menschenmassen in die Metrozüge quetschen, dann ist es ein ideales Verkehrsmittel. Für 3 Pesos (weniger als 20 Cent) konnte man so weit fahren und so oft umsteigen, wie man wollte. Ebenso konnten wir den Ruf, dass die Metro unsicher sei, weder bei unserer ersten Fahrt noch an den folgenden Tagen bestätigen. Polizei und Security trugen mit ihrer Präsenz dazu bei, dass wir uns recht sicher gefühlt haben. Natürlich waren wir auch vorsichtig, haben allzu überfüllte Züge nicht benutzt und sind vor allem nicht nachts unterwegs gewesen.
Mit Bus und Metro waren wir dann so schnell am Aeropuerto, dass wir bis zur Ankunft unseres Sohnes noch über eine Stunde Zeit hatten. Die Maschine aus Paris war pünktlich und dann stand unser Felix vor uns, etwas abgekämpft von dem langen Flug, aber genauso glücklich wie wir und voller Erwartungen an die gemeinsame Zeit.
Am nächsten Tag gab es erst einmal viel zu erzählen, bevor wir am Nachmittag die Hauptattraktion von Teotihuacán, die Heimat der Götter, besuchten. Das antike Teotihuacán war die Hauptstadt von Mexikos größten vorkolonialem Imperium, sie war die größte Stadt des alten Amerika und hatte zu ihrer Blütezeit in den Jahren 200 bis 500 über 200.000 Bewohner. Es war eine steinzeitliche Gesellschaft auf höchster Entwicklungsstufe in Hinblick auf Wissenschaft, Wirtschaft und Architektur. Der Niedergang der Stadt ist ungeklärt. Als die Azteken um 1250 im Hochtal von Mexiko ankamen war Teotihuacán schon mindestens ein halbes Jahrtausend verlassen. Sie konnten sich die gigantischen Bauten und die 40 Meter breiten Straßen nur als Hinterlassenschaft übernatürlicher Wesen erklären. So wurde der Mythos geschaffen, dass die Stadt von Riesen gebaut wurde und die Götter hier zu Hause sind. Sie nannten die Stadt „Heimat der Götter“, auf aztekisch Teotihuacán.
Ähnlich überwältigend wie damals für die Azteken war auch für uns der erste Eindruck von der Stadt. An der 2 Kilometer langen Straße der Toten stehen zu beiden Seiten die Ruinen von Pyramiden, Opferstätten und von den Palästen der Würdenträger. Höhepunkte sind jedoch die monumentale, 70 Meter hohe Sonnenpyramide mit einer Grundfläche von 225 mal 225 Meter, und die etwas kleinere Mondpyramide. Den schönsten Ausblick auf die gesamte Anlage soll man von der Mondpyramide aus haben. Nach dem beschwerlichen Aufstieg, die Stufen sind ungewöhnlich hoch, konnten wir diesen schönen Panoramablick genießen. Die Straße der Toten lag unter uns und verlor sich in der Ferne. Am Ende dieser antiken Allee befindet sich die Zitadelle mit dem Templo de Quetzalcóatl, einst Residenz des obersten Herrschers der Stadt. Als wir die ganze Anlage besichtigt hatten und verschwitzt, durstig und ziemlich müde wieder an der Mondpyramide ankamen war erst einmal Zeit für eine Pause. Irgendwie hatte uns dann doch der Ehrgeiz gepackt und wir sind auch noch auf die große Sonnenpyramide gekraxelt. Der Ausblick auf die antike Stadt und die sie umgebende Landschaft war faszinierend. Nach dem nicht weniger beschwerlichen Abstieg hatten wir dann aber wirklich genug.
Am nächsten Tag stand Mexiko City auf dem Programm. Mit einem Spaziergang durch das historische Zentrum, der Besichtigung von Kathedrale und Regierungspalast sowie einer Stadtrundfahrt im offenen Doppeldeckerbus verschafften wir uns einen Überblick über die Stadt. Dann, am zweiten Tag, das Mammutprogramm. Das Nationalmuseum zur Anthropologie ist eines der bedeutendsten Museen weltweit – also ein absolutes Muss für Mexikoreisende. Die Kunstschätze, Völker und Kulturen Mexikos werden hier in einer großartigen und einmaligen Exposition präsentiert, aber so vielfältig und vor allem umfangreich wie Mexikos Kultur ist auch das Museum selbst. Nach 4 Stunden waren wir nicht mehr aufnahmefähig, ein weiterer Tag wäre erforderlich gewesen. Zur Ablenkung sind wir durch die Zona Rosa, dem eher kosmopolitischen Stadtteil, und die Colonia Condesa, mit ihren vielen Villen und Gebäuden im Art-deco- und im kalifornischen Kolonialstil, gebummelt.
Über Mexiko City könnte man noch so viel schreiben, was aber den Rahmen dieses Berichtes sprengen würde. Es ist mir an diesem Punkt wichtiger, zu den vielen Klischees über diese Stadt Stellung zu nehmen. Mexiko City ist nicht der versmogte und schmutzige Moloch, der an seinem eigenen Wachstum zu ersticken droht, sondern eine moderne, saubere, recht sichere und gut organisierte Stadt mit unzähligen Parks, viel öffentlicher Kunst und sehr netten Menschen. Mexiko City kann sich gut mit europäischen Großstädten vergleichen, sieht man mal von den ärmlichen Stadtrandsiedlungen ab. Wir waren uns anfangs nicht sicher, ob wir die Hauptstadt auf unserer Reiseroute auslassen werden und sind heute sehr froh darüber, dass wir uns nicht von oberflächlichen und überzogenen Berichten beeinflussen ließen. Mexiko City ist immer wieder einen Besuch wert.
02.09.2010 – Über Puebla nach Oaxaca
Wieder einmal hatte die Besitzerin des Trailerparks in Teotihuacán wertvolle Tipps für uns, diesmal erklärte sie uns, wie wir, ohne die „Hoy No Circula“-Straßen benutzen zu müssen, ostwärts aus der Stadt kommen. Wir hatten an diesem Tag, auf Grund der Zahlenkombination unseres Nummernschildes, in und um Mexiko City herum Fahrverbot.
Problemlos erreichten wir Puebla und den im Vorort Cholula liegenden Trailerpark. Cholula ist eine der ältesten Städte Amerikas, sie war seit etwa 200 v. Chr. bis heute ununterbrochen bewohnt, und sie besitzt eine unsichtbare Attraktion - die an Volumen größte Pyramide der Welt. Sieben verschiedene Zivilisationen hinterließen hier ihre Spuren und doch ist von der Tepanapa-Pyramide, obwohl mitten in der Stadt gelegen, nicht viel zu sehen. Als die Spanier 1550 die erste Kapelle auf den Hügel setzten war die Pyramide schon komplett mit Erde bedeckt und mit Pflanzen überwuchert, sie ahnten nichts von der religiösen Stätte unter ihrer Kapelle. Die heutige Kirche Nuestra Señora de los Remedios, mit einer überaus prunkvollen, typisch mexikanisch-barocken Ausgestaltung, stammt aus dem 19. Jahrhundert. Sie wurde gebaut, nachdem die frühere Kapelle durch ein Erdbeben zerstört wurde. Vom Platz vor der Kirche hat man einen schönen Blick zu den Vulkanen Iztaccihuatl und Popocatepetl.
Die Pyramide unter der Kirche wurde in den letzten Jahren an einigen Stellen freigelegt und rekonstruiert. Zur wissenschaftlichen Untersuchung durchörterte man den Hügel systematisch. Heute sind über 8000 Meter Tunnel vorhanden und teilweise auch für Besucher geöffnet.
Unser, als nächstes geplanter Spaziergang in der Altstadt von Cholula fiel dann sprichwörtlich ins Wasser. Innerhalb weniger Minuten verdunkelte sich der Himmel und es goss wie aus Eimern. Nach einem Dauerlauf erreichten wir, völlig durchnässt, unser Wohnmobil. Gut, dass Felix noch etwas besser in Form war als wir. Er war der Erste am Hobby und konnte noch rechtzeitig das Dachfenster schließen und so das Schlimmste verhindern. Nach einer heißen Dusche und einem Glas Tee fühlten wir uns wieder wohl. Während es draußen weiter regnete machten wir es uns im Hobby bequem und verbrachten den Abend beim gemeinsamen Kartenspiel.
Am nächsten Tag stand Puebla auf dem Programm. Mit dem Colectivo, einem öffentlichen Kleinbus, fuhren wir ins historische Zentrum des mexikanischen Wolfsburg. Die Stadt ist heute sehr stark vom VW-Werk geprägt, viele gut bezahlte Jobs, Steuereinnahmen und ein gewisser Wohlstand sind die positiven Auswirkungen.
In der historischen Innenstadt fühlten wir uns auf Anhieb wohl. Hier pulsiert das einfache Geschäftsleben Pueblas. In den liebevoll restaurierten Häusern befinden sich unzählige Restaurants und Läden, die nach alter Tradition in bestimmten Straßen die gleichen Waren anbieten. Wir laufen durch Straßen mit Schuhgeschäften, eines neben dem anderen, dann kommen Möbel und Eisenwaren. Dies hat den Vorteil, dass man ohne größere Wege die Waren vergleichen und günstig kaufen kann.
Beeindruckt hat uns die Kathedrale am Zocalo. Sie ist, nach der in Mexiko City, die zweitgrößte Kathedrale in Mexiko – aber innen fast noch harmonischer und wertvoller ausgestattet. Ihre, zwei 70 Meter hohen Glockentürme sind die höchsten des Landes. Mit einem schönen Blick auf Kathedrale und Zocalo haben wir dann auf dem Balkon eines Restaurants gesessen und das quirlige Leben beobachtet. Schuhputzer boten ihre Dienste an, Blumen- und Luftballonverkäufer warben um Kunden, Geschäftsleute eilten zu ihrem nächsten Termin und die Schulkinder, in ihren einheitlichen Uniformen, neckten sich gegenseitig auf dem Heimweg.
Die Rückfahrt im Bus nach Cholula war wieder ein Erlebnis. Ohne Rücksicht raste der Fahrer durch Löcher und über Topes, alles klapperte und wir wunderten uns, dass die alten Mercedes-Busse nach diesen jahrelangen Torturen überhaupt noch fuhren und nicht schon lange auseinander gebrochen sind. Auf dem Trailerpark in Cholula gab es dann noch eine Überraschung, die Schweizer Maja und Hans, die wir in Guanajuato kennen gelernt hatten, standen mit ihrem Allrad-Mercedes neben uns. Bei einigen Bieren haben wir Erfahrungen und Pläne ausgetauscht und einen netten gemeinsamen Abend verbracht.
Am nächsten Vormittag starteten wir nach Oaxaca. Die Fahrt, für einen Tag geplant, dauerte dann doppelt so lange, weil sich die Straße in einem katastrophalen Zustand befand. An vielen Stellen war sie weggebrochen oder vom abgerutschten Hang teilweise verschüttet. An einer Stelle prasselte direkt vor uns eine Steinlawine auf die Straße. Was wäre mit unserem Auto passiert, wenn wir hundert Meter weiter gewesen wären? Wir mussten erst die größten Steine wegräumen, ehe wir vorsichtig die Stelle passieren konnten. Für die Mexikaner ist dieser Zustand normal, es ist Regenzeit, da passiert so etwas eben.
In Oaxaca angekommen erlebten wir die schlechtesten Straßen unserer bisherigen Reise in einer Stadt. Tiefe Löcher reihten sich aneinander und brachten unseren Hobby, selbst bei Schrittgeschwindigkeit, so stark zum Schaukeln, dass in den Schränken alles durcheinander fiel. Die Stadt selbst hat uns enttäuscht, sie hatte einfach keine Atmosphäre. Vielleicht haben wir aber auch schon so viel Schönes gesehen, dass sich unsere Maßstäbe verschoben haben. Erwähnenswert sind die exotischen Delikatessen, wie getrocknete Grillen und geröstete Heuschrecken, für die Oaxaca berühmt ist. Sie wurden überall auf dem Markt angeboten, für Felix und mich war das Kosten der Heuschrecken eher Spaß und Mutprobe als kulinarischer Genuss.
Da war die Verkostung in Matatlan doch eher nach unserem Geschmack. In der traditionellen Mezcal-Brennerei wurde alles noch so gemacht, wie vor hunderten von Jahren. Die gekochten Agaven-Piñas, also nur die inneren Teile der Agaven, wurden durch einen Malstein, angetrieben von einer Pferdestärke, zerkleinert, vergoren und dann über einem Holzfeuer destilliert. Es sah nicht ganz so appetitlich aus – aber das Ergebnis zählte, und das haben wir in der kleinen Verkaufsstelle ausgiebig probiert und gekauft. Auch die Flasche mit dem Agavenwurm, eigentlich nur ein Marketinggag, durfte nicht fehlen. Zur Weiterfahrt war es nun schon zu spät, und so blieben wir gleich vor der kleinen Mezcal-Manufaktur stehen, fachsimpelten mit Händen und Füßen über Mezcal und deren Herstellung und kosteten uns so langsam in Schlafstimmung. Jetzt kennen wir auch den Unterschied zwischen Mezcal und Tequila. Jeder Agavenschnaps ist ein Mezcal, einzig der in der Gegend um Tequila aus blauen Agaven hergestellte Schnaps darf sich exklusiv Tequila nennen.
Monte Albán, die größte und schönste Zapoteken-Stätte, liegt nur 10 Kilometer westlich von Oaxaca, auf einem abgetragenen und planierten Bergrücken, in 1936 Meter Höhe. Wir fuhren auf der steilen und kurvenreichen Straße zum Haupteingang und waren fast die ersten Besucher. Von der nördlichen Plattform hatten wir den besten Überblick über die Gran Plaza mit den darum gruppierten Pyramiden und Komplexen. Hinter den, bis zu 2000 Jahre alten Bauten sahen wir die umliegende Landschaft, Täler und Berge, wie eine Theaterkulisse. Dadurch schien es, als würde die gewaltige Anlage zwischen Himmel und Erde schweben. Es ist ein wahrlich erhabener Ort und wir konnten uns gut vorstellen, wie nah man sich hier seinen Göttern und dem Himmel gefühlt haben muss. Unbegreiflich, warum auch Monte Albán im Jahre 750 von den Zapoteken verlassen wurde. Ein Rätsel, auf das es bis heute keine Antwort gibt.
07.09.2010 – Pazifikküste und Chiapas
Sie war weder erholsam noch interessant, die Fahrt von Oaxaca zum Pazifik. Die Straße war in einem schlechten Zustand, oft verschüttet oder weggebrochen, und dazu Nebel und Regen. Wir quälten uns durch die Sierra Madre del Sur, bewältigten zweimal einen Höhenunterschied von 1500 Metern und fuhren dann, auf kurvenreicher Strecke, am Westhang des Gebirges, von fast 3000 Meter Höhe, zur Küste. Dabei durchquerten wir mehrere Klimazonen und einen tropischen Regenwald, der seinen Namen alle Ehre machte – Regen ohne Ende.
Wir hatten schon fast vergessen, wie sich die feucht-warme Luft an der Küste anfühlt und wurden schnell in die Wirklichkeit zurückgeholt, als wir spätabends in Zipolite die Tür unseres klimatisierten Wohnmobils öffneten und gegen eine Wand aus Wärme und Feuchtigkeit prallten. Moskitos umschwirrten uns und nutzten jede Gelegenheit, um ins Wohnmobil zu gelangen. „Das ist also die schöne Pazifikküste“ – Felix war anfangs etwas enttäuscht.
Am nächsten Morgen sah schon alles ganz anders aus. An die feuchte Wärme hatten wir uns recht schnell gewöhnt und das urige Zipolite ließ uns die letzte Nacht, in der wir unser Wohnmobil mit blutrünstigen Moskitos geteilt haben, schnell vergessen. Die Küste ist hier wirklich wunderschön.
Nur 50 Kilometer weiter südlich liegt Bahía de Huatulco, das ehrgeizige Tourismusprojekt der mexikanischen Regierung - ein völliges Kontrastprogramm zu Zipolite. Hier war alles neu, sauber – und teuer. Zwei Tage genossen wir die Annehmlichkeiten an der Bucht von Santa Cruz, dann mussten wir weiterfahren. Unser Zeitplan ließ uns wenig Spielraum.
Recht weit kamen wir aber nicht, nach 20 Kilometern auf der Mex 200 stauten sich die LKW. Die Fahrer schliefen unter ihren Autos oder saßen zusammen beim Frühstück. Etwa 3 Kilometer liefen wir am Stau entlang, bis wir die Ursache sahen. Das kleine Straßendorf Copalita hatte die einzige Verbindungsstraße nach Süden verbarrikadiert und hielt eine Protestdemonstration ab. Die Dorfbewohner saßen mit Campingstühlen auf der Straße und diskutierten impulsiv. Ihre Gesichter zeigten Trotz und Entschlossenheit. Zurück am Wohnmobil gab es für uns nur eine Alternative – wenden und zurück an der Strand. Mit unserem Hobby war das Wenden auf der schmalen Straße kein Problem, die Trucks aber hatten diese Möglichkeit nicht, sie mussten abwarten.
Am nächsten Morgen, das gleiche Bild. Der Stau war sogar noch länger geworden. Es gab an der letzten Kreuzung keine Warnung der Polizei, so dass weitere Trucks in die Falle gefahren sind. An der Straßensperre ging es diesmal lockerer zu, es wurde gekocht und gegrillt, die Fahrer ließen sich von den Frauen versorgen und alles wirkte wie auf einem Dorffest – nur die Sperre blieb zu. „Vielleicht morgen“ antwortete man auf unsere Frage, wann wir durchfahren könnten. Die Gelassenheit der Fahrer, die nun schon den 3. Tag hier ausharren mussten, war bewundernswert. Es schien, als ob sie sich mit den Dorfbewohnern solidarisierten, zumindest hatten sie Verständnis für die Situation. „Also noch mal Strand“ sagte Felix etwas frustriert, „unser Zeitplan kommt aber mächtig durcheinander“. Der nächste Tag sollte die Entscheidung bringen.
Nach unserem morgendlichen Bad im Pazifik und einem guten Frühstück starteten wir einen neuen Versuch – und fanden die Situation unverändert vor. „Heute muss etwas passieren“, sagte ich sichtlich gereizt, „dann müssen wir eben doch über Oaxaca zurückfahren“. Es wäre die schlechteste Lösung gewesen, 400 Kilometer Umweg auf katastrophalen Straßen, um dann dort anzukommen, wo wir vor einer Woche schon waren. Ein junges Paar in einem Dodge-Van sprach uns an. Sie kannten eine Umfahrung über die Berge, wollten aber nicht allein fahren. Wir willigten ein und begaben uns auf eine 60 Kilometer lange abenteuerliche Fahrt. Geröll, Schlamm, Wasser – es war alles dabei, und nach 7 Stunden waren wir erschöpft, aber glücklich, wieder auf der Mex 200. Unser Hobby hat sich auf der Strecke gut bewährt, ohne Hinterradantrieb hätten wir es aber sicher nicht geschafft.
Mit 3 Tagen Verzug war unsere ursprüngliche Reiseplanung nicht mehr zu realisieren. Die geplante Route nach Palenque und die Einreise im Norden von Guatemala, um Tikal zu besuchen, mussten wir nun radikal ändern. San Cristóbal de Las Casas und das Tzotzildorf San Juan Chamula vermittelten Felix noch einen kleinen Eindruck von Chiapas und den Bräuchen der hier lebenden Indigenas, und dann fuhren wir ohne Umwege zur Grenze.
14.09.2010 – Hasta luego Mexico
Auf der Fahrt durch das grüne Hochland Chiapas bis zur Grenze erzählten wir viel von der zurückliegenden Zeit in Mexiko. Nahezu 6 Monate haben wir in Mexiko verbracht, 15.000 Kilometer auf Straßen unterschiedlichsten Zustandes zurückgelegt und das Land, seine Menschen und die vielfältige Kultur kennen gelernt. Aus dem anfänglichen Kulturschock ist eine tiefe Verbundenheit und Zuneigung geworden.
Mexiko ist ein Land der Gegensätze! Verfallene und schmutzige Dörfer stehen im Kontrast zu prunkvollen Kolonialstädten, vermüllte Natur zu absoluter Sauberkeit, Schlaglochpisten zu modernen Highways und bittere Armut zu verschwenderischem Reichtum. Besonders bei den armen Menschen haben wir die Lebensfreude und die Kraft, sich jeden Tag irgendwie durchzuschlagen, bewundert. Dabei sind die Mexikaner sehr einfallsreich. Überall wurde irgendetwas verkauft und an fast jeder Ecke gab es einen primitiven Straßenimbiss. Auch als Einweiser auf dem Parkplatz oder mit dem Verfüllen von Schlaglöchern auf den Straßen erhofften sich manche eine kleine Spende. Mit großer Gelassenheit wird das Wohlstandsgefälle zwischen Reichen und Armen akzeptiert. Man nimmt es als gegeben hin und findet Halt in der Familie und im Glauben.
Unvergesslich bleiben uns die herrlichen Landschaften, die traumhaften Strände, die einzigartigen Zeugnisse der Kolonialzeit und die großartige vorspanische Kultur der Maya, Azteken, Tolteken und Zapoteken. Darüber hinaus beeindruckten uns immer wieder die Herzlichkeit, die Gastfreundschaft und der Nationalstolz der Mexikaner.
Mexiko ist ein tolles Reiseland und deshalb sagen wir nicht „Adios“ sondern „Hasta luego Mexico“ – wir kommen gern wieder!
16.09.2010 – Guatemala: Lago de Atitlán und Antigua
An der Grenze zwischen Mexiko und Guatemala ging nichts mehr. Eine lange Autoschlange stand vor dem geschlossenen Schlagbaum - und wir standen mittendrin. Der Grund für die kurzzeitig geschlossene Grenze war aber eher ein positiver. Musik- und Tanzgruppen aus Mexiko und Guatemala demonstrierten ihre Freundschaft und verwandelten den sonst eher nüchternen Grenzübergang in einen Ort der Lebensfreude und Verbundenheit. In Guatemala wurde der Unabhängigkeitstag gefeiert. Nach einer Stunde war die Show vorbei und wir konnten ohne Probleme die Grenze passieren.
Guatemala begrüßte uns mit aufwändig, in blau-weiß geschmückten Straßen und einer Fiesta in jedem kleinen Straßendorf. Am frühen Nachmittag torkelten die ersten Betrunkenen über die Straßen und veranlassten uns zu einer extrem vorsichtigen Fahrweise. Im Hochland dann ein anderes Bild. Hier, in der von Indigenas geprägten Gegend, wurde nicht gefeiert, hier war der normale Alltag gegenwärtig. Viele Indigenas waren zu Fuß unterwegs. Sie trugen Körbe auf dem Kopf und ihre Kleinkinder in Wickeltüchern auf dem Rücken. Die knapp vorbeifahrenden Autos beeindruckten sie genau so wenig, wie der später einsetzende starke Regen. Für uns war es eine schwierige Fahrt, weil der Regen und der starke Nebel die an vielen Stellen weggebrochene oder verschüttete Straße noch gefährlicher machten.
Die letzte Herausforderung an diesem stressigen Tag war die Fahrt über eine gefährliche, an den Hang gebaute Serpentinenstraße zum 500 Meter tiefer liegenden Atitlan-See. Hier hatte, die seit vielen Jahren schlimmste Regenzeit die Straße komplett weggespült. Auf einem schlammigen, in den Berg geschürften Pfad passierten wir diese Stelle mit Herzklopfen. Gegen 21:00 Uhr hatten wir es dann geschafft, wir standen am Hotel Tzanjuyú, direkt am See, und ließen uns eine frisch gebackene Pizza schmecken – natürlich aus dem bordeigenen Backofen.
Am nächsten Morgen wurden wir von Sonnenstrahlen geweckt. Der See lag still im Morgendunst, am gegenüber liegenden Ufer sahen wir die Vulkane Atitlán, Tolimán, San Pedro sowie den kleinen Cerro de Oro. Es war ein erhebender Anblick und wir konnten jetzt auch verstehen, dass Alexander von Humboldt den Atitlán-See als den schönsten See der Welt bezeichnete.
Panajachel selbst ist ein recht touristisch geprägter Ort mit allem, was man für einige Urlaubstage braucht. Wir blieben 3 Tage hier, wanderten ein bisschen und besuchten das auf der anderen Seeseite gelegene San Pedro. So schön und idyllisch der See auch vom Ufer aus wirkte, bei der Bootsfahrt haben wir sein Problem sehr deutlich erkannt: der Atitlan-See ist verdreckt. Plastikflaschen und andere Abfälle schwammen in großer Menge auf der Oberfläche und prasselten während der Fahrt gegen den Bootsrumpf. Selbst leere Ölkanister schwammen im See und hinterließen eine entsprechende Spur im Wasser. Wann werden die Menschen in diesem Teil der Welt endlich begreifen, dass sie damit ihre eigene Zukunft und die ihrer Kinder ruinieren.
Von Panajachel aus starteten wir in Richtung Antigua. Noch einmal mussten wir die kritische Stelle an der Serpentinenstraße passieren, aber diesmal wenigstens bei Tageslicht. Einige Arbeiter waren mit dem Bau einer provisorischen Brücke beschäftigt – sie hielt! In Antigua fuhren wir direkt zu dem unter Travellern bekannten Stellplatz auf dem Gelände der Touristenpolizei. Er lag nicht gerade idyllisch, aber die Nähe zum Zentrum und vor allem die Sicherheit auf dem Gelände waren hier wichtiger.
Antigua wird allgemein als die reizvollste Stadt Guatemalas bezeichnet. Sie hat sich ihren kolonialen Charme erhalten, hat Ambiente. Über 200 Jahre lang war Antigua die Hauptstadt Guatemalas, mehr als 50 prunkvolle Kirchen, Klöster und Konvente wurden in kürzester Zeit errichtet und machten Antigua zur schönsten Hauptstadt der „Neuen Welt“. Das verheerende Erdbeben vom 29. Juli 1773 verwandelte die Stadt innerhalb weniger Minuten in einen Trümmerhaufen. An den noch vorhandenen Ruinen konnten wir die ehemalige Schönheit der Architektur erkennen. Abends, als die spärliche Straßenbeleuchtung die holprig gepflasterten Straßen ins Halbdunkel tauchte, die urigen kerzenbeleuchteten Kneipen und Bars einladend ihre Türen und Fenster geöffnet hatten und den Blick auf die grob gezimmerten mittelalterlichen Tische und Stühle freigaben, da verstanden wir, dass wir hier in einer ganz besonderen Stadt waren.
„In Antigua kann man es schon noch etwas aushalten“. Dieser so leichtfertig gesagte Satz brachte uns in die Realität zurück. Wir, Petra und Bernd, wollten noch einige Zeit in Antigua bleiben und auch etwas Spanisch lernen, für Felix war der Tag des Abschiedes gekommen. Pünktlich stand das Taxi zum Aeropuerto am Wohnmobil, eine schöne gemeinsame Zeit ging zu Ende.