




27.06.2010 – Unser erster Tropensturm
Auf der gut ausgebauten Mex 307 fuhren wir, immer der Küste des Karibischen Meeres folgend, südwärts. Bis Chetumal sind es etwa 300 km, doch schon nach reichlich der halben Strecke ließen wir uns durch einen Wegweiser zur Costa Maya von unserer geplanten Route abbringen.
Auf einer Landzunge, östlich der Lagune Bacalar und der Bahia Chetumal, liegt Mahahual, ein isoliertes und beschauliches Fischerdorf, welches sich gerade von den Verwüstungen des Hurrikan Dean erholt. Im Jahre 2007 wütete Dean hier und zerstörte den gesamten Ort. Auch der ehemals dichte Wald ist verschwunden, übrig geblieben sind nur noch entwurzelte und umgebrochene Bäume, die wohl noch für Jahrzehnte den Bedarf an Brennholz decken werden.
In Miguels Strandbar, neben der wir einen tollen Übernachtungsplatz gefunden hatten, saßen wir dann noch bis spät in die Nacht und lauschten seinen Erzählungen über den grausamen Hurrikan. Seine neue Bar ist jetzt viel stabiler gebaut als die alte – aber die Angst vor den, in immer kürzeren Abständen tobenden Naturgewalten ist bei ihm, wie bei allen Bewohnern des Ortes, allgegenwärtig. Viele hatten damals ihre Existenz komplett verloren, ihr oft ärmlicher Besitz war nicht versichert oder die Versicherungen zahlten nicht.
Nach einer stürmischen Nacht wurden wir am frühen Morgen von Miguels Frau geweckt. Sie erklärte uns in gebrochenem Englisch, dass wir nicht an der Küste stehen bleiben können - es wäre zu unsicher. Erst Miguel brachte dann, die für uns verständliche Erklärung. Eine Unwetterwarnung veranlasste ihn, seine Bar komplett auszuräumen und er gab uns den Rat, einige Kilometer landeinwärts den Sturm abzuwarten.
Kurz nach Mittag begann es stark zu regnen und am Abend tobte der Tropensturm Celia, der mittlerweile zum Hurrikan hoch gestuft wurde, über uns hinweg. Im Pazifik entstanden hatte er jedoch seine Kraft beim Überqueren des mexikanischen Festlandes schon verloren und richtete diesmal in Mahahual nur geringe Schäden an.
Wir standen mit unserem Hobby windgeschützt hinter einem Hotel und haben die Sturmnacht recht unbeschadet überstanden. Am nächsten Morgen, ich war gerade auf der Suche nach einer Möglichkeit, um das WM-Spiel Deutschland gegen England zu sehen, waren die Bewohner von Mahahual schon dabei den zerstörten Bootssteg zu reparieren und den Unrat, den das Meer bis auf den Strandweg gespült hatte, zu beseitigen.
Der Sturm war vorbei, der Regen blieb und so beschlossen wir weiterzufahren. Überflutete und zum Teil eingebrochene Straßen, über die Ufer getretene reißende Flüsse und Regen ohne Pause waren unsere Begleiter auf der Fahrt durch die Bundesstaaten Quintana Roo und Campeche bis nach Chiapas. Später erfuhren wir, dass der Tropensturm Darby, der vierte in diesem Jahr, die Ursache dafür war.
30.06.2010 – San Cristobal de las Casas: Zapatistische Realität und indigene Bräuche
Die Straße von Palenque nach San Cristóbal de las Casas war gleich in zweifacher Hinsicht abenteuerlich. Zum einen war diese Bergstrecke, besonders nach den massiven Regenfällen der letzten Tage, in keinem guten Zustand - zum anderen führte sie durch ein Gebiet, welches als Hochburg der Zapatisten bekannt ist. Obwohl die EZLN (auf deutsch: Zapatistische Armee der Nationalen Befreiung) sich heute als eine gewaltfreie Guerillaorganisation bezeichnet, wurde immer wieder von Überfällen auf dieser Straße berichtet.
Erstmals trat die EZLN am 1. Januar 1994 in Erscheinung. An diesem Tag überfielen in Chiapas 800 bewaffnete und maskierte Männer in Überraschungsangriffen die Rathäuser von San Cristobal de las Casas, Las Margerita und Ocosingo sowie weiterer Städte und Dörfer, um auf die Diskriminierung der indigenen Bevölkerung in Chiapas aufmerksam zu machen. Nach 12 Tagen bewaffneter Kämpfe mit der Armee wurde ein zeitlich unbegrenzter Waffenstillstand vereinbart. Im Friedensvertrag von San Andrés wurden dann 1996 der indigenen Bevölkerung weitgehende Autonomierechte versprochen, aber von der mexikanischen Regierung nicht wie vereinbart als Gesetz verabschiedet.
In der Folgezeit kam es immer wieder zu blutigen Überfällen durch rechtgerichtete Paramilitärs, so am 22.12.1997 im Ort Acetal, wo 45 Personen getötet wurden. Die meisten Opfer waren Frauen und Kinder - 21.000 Menschen flohen aus ihren Dörfern. Seit 2003 setzt die EZLN in 38 unabhängigen Gemeinden Chiapas eine de-Facto-Autonomie um, wofür jedoch keine Rechtsgrundlage besteht.
Unsere Fahrstrecke nach San Cristóbal führte genau durch dieses Gebiet und damit durch eine der unsichersten Gegenden Mexikos - aber wir mussten durch. Wir waren sehr erschrocken, als uns zwei Pickup’s mit vermummten Männern auf der Ladefläche entgegen kamen, aber sie hatten kein Interesse an uns. Sieht man von dem schlechten Straßenzustand ab, dann war es eine problemlose und auf den letzten Kilometern im Hochland sogar sehr schöne Fahrt. Nach 6 Stunden hatten wir die 200 km geschafft und erreichten San Cristóbal am frühen Abend.
Die schöne alte Kolonialstadt liegt auf 2100 m Höhe zwischen Pinienwäldern und saftig-grünen Wiesen. Das Klima tat uns besonders gut. Nach der feuchten Hitze an der Küste erlebten wir frühlingshafte Temperaturen am Tag und eine angenehme Kühle in der Nacht. Wir kramten unsere Bettdecken aus dem Stauraum hervor und schliefen wieder mal so richtig gut. Auch Basko fühlte sich sichtlich wohl.
Am nächsten Tag war frühes Aufstehen, ganz zum Leidwesen von Petra, angesagt. Wir wollten, noch vor den übrigen Touristen, in das Indiodorf San Juan Chamula fahren. Im Umland von San Cristóbal leben die Mayastämme Tseltal und Tzotzil, nach ihren eigenen Regeln, in einer seit Jahrhunderten bewahrten kulturellen Identität. Sie kleiden sich in ihrer Stammestracht und sprechen bis heute ihre eigenen Sprachen, viele verstehen kein Spanisch.
Die Straße nach San Juan Chamula windet sich durch eine, von Wiesen und Wäldern gesäumte Hügellandschaft, vorbei an Gehöften und Häusern der Indios. Viele der Tzotzil leben weit verstreut im Umland. Der Ort ist für sie der Mittelpunkt des Stammeslebens und mit der Kirche San Juán Bautista auch religiöses Zentrum.
Die Kirche ist eine Besonderheit in Mexiko. Ursprünglich als katholische Kirche gebaut besitzt sie weder Bänke noch Altar oder Orgel. Touristen ist es gestattet die Kirche zu besichtigen, wenn man sich im Hintergrund hält, die Zeremonien nicht stört und auf keinen Fall fotografiert. Wir traten durch das Portal in die Kirche und waren sofort gefangen, von der unbeschreiblichen geheimnisvollen Stimmung. Auf dem, mit duftenden Piniennadeln bestreuten Fliesenboden brannten hunderte Kerzen. Es roch nach Wachs und Weihrauch. Auf dem Boden saßen Indios in kleinen Gruppen und murmelten unverständliche Gebete. Dabei tranken sie Posh, ein selbstgebrannter hochprozentiger Schnaps, der als Trancemittel benutzt wird, und Cola. Auf der linken Seite, vor einem Heiligenschrein, sahen wir eine Heilungszeremonie. Ein Schamane beklopfte den Körper eines Indios mit einem Bund Kräuter und murmelte Gebete, die immer intensiver wurden. Dabei wurde ein lebendiges Huhn über die Flammen der Kerzen geschwenkt und danach getötet. In der Mitte der Kirche kniete ein alter Mann. Auch er trank Posh und murmelte Gebete. Es störte ihn wenig, dass wir in angemessenem Abstand dieses Schauspiel beobachteten, er lächelte uns kurz zu und setzte seine Zeremonie fort, die ebenfalls mit einem Tieropfer den Höhepunkt fand. Etwas verwirrt verließen wir diesen magischen Ort, in dem alte Mayarituale mit den Bräuchen der katholischen Eroberer vermischt wurden.
Den Nachmittag und den Folgetag verbrachten wir dann in San Cristóbal de las Casas. Das alte koloniale Zentrum mit dem zentralen Zócalo, der Kathedrale und den netten kleinen Gassen hat uns gut gefallen. Es war überall sauber und gepflegt. In der Stadt sahen wir viele Indígenas, die mit Kleinigkeiten handelten. Sie waren absolut nicht aufdringlich und ein freundliches „No, gracias señora“ genügte meist, um das Verkaufsgespräch zu beenden.
In einer anderen Dimension wurde auf dem Mercado Indígena, dem größten Markt der Umgebung, gehandelt. Er gilt als einer der interessantesten Märkte Mexikos. Mit einer unüberschaubaren Anzahl an Obst-, Gemüse-, Fleisch- und Fischverkaufsständen, mit kunstvollem Handwerk und billigem Plunder und mit seinen Wohl- und Übelgerüchen brachte er uns noch einmal die Realität des indigenen Lebens näher.
Über Tuxtla Gutiérrez fuhren wir zum Cañon del Sumidero. 1000 Meter tief hat sich hier der Rio Grijalva in den Fels eingeschnitten. Heute ist der Fluss angestaut und wird zur Energiegewinnung benutzt. Der Canyon ist durch eine Panoramastraße mit mehreren Aussichtspunkten erschlossen, von denen wir eindrucksvolle Aussichten in die Schlucht hatten. Auch hier begegneten uns wieder die Geschichte und der Stolz der Mayas. Auf einer Infotafel konnten wir nachlesen, dass sich im Jahre 1527 über 2000 Chiapas-Maya von der Schluchtkante gemeinsam in den Tod gestürzt haben, um der Versklavung durch die Spanier zu entgehen.
Mit den vielen verschiedenartigen Eindrücken der letzten Tage fuhren wir weiter.
04.07.2010 – Bei Hogar Infantil in Ocozocoautla
Wir suchten einen Platz, an dem wir die Erlebnisse der letzten Tage verarbeiten und gleichzeitig eine kleine Ruhepause einlegen konnten und fanden diesen bei Hogar Infantil, einem mexikanischen Kinderheim in texanischer Trägerschaft.
Das Kinderheim liegt wunderschön inmitten einer Ranch, nahe der kleinen Stadt Ocozocoautla. Am Rande der Ranch waren vier Stellplätze für Wohnmobile vorhanden und neben Strom und Wasser stand uns sogar WiFi-Internet zur Verfügung. Noch am ersten Tag kam der Direktor, um uns herzlich zu begrüßen. Wir konnten uns alles ansehen, mit den Kindern Kontakt aufnehmen und die freiwilligen Helfer und Erzieher beantworteten uns jede Frage.
Besonders beeindruckt hat uns, wie nett und freundlich die Kinder miteinander umgingen. Interessant auch, dass fast alle einen qualifizierten Berufswunsch hatten. Ob aus den Jugendlichen später wirklich Lehrer, Ingenieure oder Ärzte werden ist nicht so wichtig, wichtig ist der Wille, aus ihrem Leben das Beste zu machen. Alle haben ihre Chance begriffen und arbeiten an ihrer Zukunft.
Das Klima war sehr angenehm, wir machten ausgedehnte Spaziergänge und hatten Zeit und Gelegenheit wieder einmal Ordnung in unseren rollenden Haushalt zu bringen. Wir fühlten uns rundum wohl und verschoben unsere Weiterreise Tag für Tag.
Am Sonnabend sollte es dann einen Höhepunkt geben. In Mexiko, wie in ganz Lateinamerika, ist der 15. Geburtstag der Mädchen ein ganz besonderer Tag. Das, als Quinceañera bekannte und langersehnte Fest markiert den Eintritt in die Welt der Frauen. Auch im Kinderheim wurde dieses Fest gefeiert, 5 Mädchen waren es diesmal, die an diesem Tag im Mittelpunkt standen. Wir freuten uns über die Einladung des Direktors, hatten wir doch so die Gelegenheit einige Fotos zu schießen.
Die Mädchen waren wunderschön gekleidet, sie waren stolz auf diesen Tag und sehr aufgeregt. Das Fest begann mit einer Andacht in der kleinen Kirche des Kinderheimes. Dann ging es in den großen Mehrzwecksaal zum Feiern. Freunde und Verwandte der Mädchen waren zu Besuch, und natürlich waren alle Kinder des Heimes dabei. Dass mit der Einladung des Direktors auch die Teilnahme am Festessen und ein reservierter Platz am Direktorentisch verbunden waren, war uns schon etwas unangenehm. Wir waren Außenstehende und wurden so fast zu Hauptpersonen.
Herzlichkeit, Gastfreundschaft, Lebensfreude und Gemeinschaftssinn sind die Begriffe, mit denen wir diesen schönen Tag umschrieben haben. Als wir am nächsten Morgen nach der Rechnung für den Campingplatz fragten, sahen wir nur erstaunte Gesichtern und ein Kopfschütteln. Es kostete nichts!! Über die Internetseite des Kinderheimes war aber eine Spende möglich, so dass wir nach knapp einer Woche diesen gastlichen Ort mit einem guten Gewissen verlassen haben.
12.07.2010 – An der Pazifikküste nach Acapulco
Unser Weg an die Pazifikküste führte uns über die Bergausläufer der Sierra Madre de Chiapas. Noch war die Landschaft grün, die Luft klar und frisch, aber je weiter wir zum Pazifik kamen, umso wärmer und feuchter wurde das Klima. Die Mex 200 verläuft in einigem Abstand zur Küste und wir benötigten drei Anläufe, ehe wir einen geeigneten Platz für die Nacht gefunden hatten. In der Nähe des Ortes Emiliano Zapata, am Mar Muerto, fanden wir dann einen ganz netten Platz zwischen den Strandrestaurants. Die Erfrischungsgetränke waren kalt und günstig, gegessen haben hier nichts. Der hygienische Zustand der Küche hat uns davon abgehalten. Am nächsten Morgen sahen wir, wie verschmutzt die Lagune war. Da halfen auch die vielen geschnitzten Schilder mit der Aufforderung, keinen Abfall wegzuwerfen, nichts. Es tat uns immer wieder weh, wenn wir sehen mussten, wie diese außergewöhnlich schöne Natur misshandelt wird.
Über Salina Cruz, eine wenig attraktive Hafen- und Raffineriestadt, fuhren wir nach Huatulco. Hier wird von der mexikanischen Tourismusbehörde ein gigantisches Projekt umgesetzt. Huatulco ist der Sammelbegriff für neun romantische Buchten und mehrere neu- oder ausgebaute Orte. Vieles ist noch im Bau, erst für 2018 ist die Fertigstellung geplant, aber schon jetzt leidet die Region unter Urlaubermangel. Wir fanden einen ruhigen Parkplatz, direkt im Ortskern von Santa Cruz, einem der Hauptorte von Huatulco.
Um den Zócalo reihen sich Bars und Restaurants, die Tische standen bis an den Strand – aber es waren kaum Gäste da. Da half es auch recht wenig, dass man auf Schritt und Tritt angesprochen und mit irgendwelchen Speisekarten konfrontiert wurde. Wir nutzten unseren bevorzugten Stellplatz, um jeden Morgen ein kühles Bad in der sauberen Bucht von Santa Cruz zu nehmen. Danach erkundeten wir die schöne Gegend. Anders als in Cancún setzt man hier auf sanften und zurückhaltenden Tourismus. Es gibt keine Hotelburgen, alles passt sich relativ gut in die Landschaft ein.
Der Pazifik hat normalerweise ein anderes Temperament als in den Buchten von Huatulco, er ist rau, mit hohen brechenden Wellen und einer gefährlichen Unterströmung. An vielen Küstenabschnitten gibt es keine Möglichkeit zum Schwimmen. Dies gilt auch für die Küste nördlich von Puerto Angel. Hier liegt Zipolite, ein legendärer Kultstrand, der Backpacker, Aussteiger und Budgeturlauber gleichermaßen anzieht. Etwas weiter nördlich wird es ruhiger, aber nicht weniger schön.
La Ventanilla (Fensterchen) ist ein kleiner Fischerort mit nur 25 Familien. Der Ortsname ist abgeleitet von einem Felsen mit einem fensterartigen Durchbruch. Nach einer ausgedehnten Strandwanderung, bei der wir auch wieder beobachten konnten, wie mit Netzen vom Strand aus gefischt wurde, haben wir sehr gut im Restaurant des Ortes gegessen und es uns dann im Hobby bequem gemacht. Gegen neun klopfte es zaghaft an unser Wohnmobil und die Besitzerin des Restaurants bot uns an, direkt neben ihrem Haus zu parken. Es wäre besser und auch viel sicherer. Die Nacht war schnell vorbei, das heißt, wir haben gut und fest geschlafen.
Am nächsten Morgen besuchten wir das mexikanische Schildkrötenzentrum im Nachbarort Mazunte. Das Zentrum dient Meeresbiologen zu wissenschaftlichen Studien und zur Zucht aller sieben Schildkrötenarten, die in Mexiko vorkommen. Besonders interessant war für uns die Lederschildkröte. Lange standen wir am Beckenrand und beobachteten ihre lustigen Gesichtszüge beim Auftauchen. Es ist die größte Meeresschildkröte überhaupt, bis zu 2 Meter lang und 600 kg schwer kann sie werden.
Dass sich dieses Schildkrötenzentrum in Mazunte befindet ist kein Zufall. Viele Meeresschildkröten kommen an die Strände von Mazunte zur Eiablage, und bis 1990 waren der Fang und die Vermarktung von Schildkröten die Haupteinnahmequelle der Küstenbewohner. An manchen Tagen wurden in Mazunte tausende Tiere gefangen und abgeschlachtet, bis die mexikanische Regierung ein Fangverbot erließ, damit aber auch den Fischern und deren Familien die Lebensgrundlage entzog. Mit einem beispielhaften ökologischen Entwicklungsprogramm wurde die gesamte Gegend umgestaltet. Heute verdienen sich die Einwohner von Mazunte und La Ventanilla ihr Einkommen durch Tourismus, durch das Schildkrötenzentrum und mit der Herstellung und dem Verkauf von Naturkosmetik-Produkten.
Über Puerto Escondido fuhren wir weiter nordwärts, Acapulco war unser Ziel. Meist übernachteten wir an Fahrtagen bei den weiträumigen PEMEX-Tankstellen oder in kleinen Orten. Kurz vor Acapulco war es, als wir wieder einmal auf der Suche nach einem Schlafplatz von der Mex 200 in Richtung Küste abgebogen sind. Las Peñas stand auf dem Straßenschild und nach 10 km standen wir in dem kleinen Ort, in den sich wohl noch kein Tourist verirrt hatte. Die Straße wurde immer schlechter, bald war sie nur noch eine Schlammpiste. Bei den letzten Hütten verlief sie sich im Sumpf der Lagune Chautengo. Irgendwie schafften wir es unseren Hobby zu wenden. Wir wurden interessiert und zurückhaltend beobachtet, und unsere Grüße wurden nur sehr reserviert erwidert. Ich hatte noch den Satz: „Nur weg hier!“ auf den Lippen, als uns vom ersten Haus des Dorfes freundlich zugewinkt wurde. Es war mittlerweile schon fast dunkel geworden und Petra sagte: „Jetzt frag ich, ob wir hier übernachten können“. Es war eine gute Idee! Wir erlebten so viel Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft, wurden mit Obst und frischen Eiern beschenkt und am nächsten Morgen zeigte uns der Sohn der Familie das Dorf. Viele Dorfbewohner kamen vorbei, um uns, die Gäste aus dem fernen Alemania, zu sehen und willkommen zu heißen. Etwas Enttäuschung stand auf ihren Gesichtern, als wir uns gegen Mittag verabschiedeten, um die letzten Kilometer bis Acapulco unter die Räder zu nehmen.
22.07.2010 – Acapulco
Die letzten 20 km bis Acapulco waren eine harte Prüfung für unsere Nerven. Nicht viel schneller als in Schrittgeschwindigkeit passierten wir unzählige Baustellen und Straßenabschnitte, die nur aus Schlamm und Löchern bestanden. Dann, in Acapulco angekommen, verhinderte das hohe Verkehrsaufkommen ein vernünftiges Vorankommen. Wir durchquerten die Stadt weit oberhalb der Küste. Von dort hatten wir einen traumhaften Blick auf die Bucht und wurden gleichzeitig mit den größten Problemen von Acapulco konfrontiert. Durch den unkontrollierten Zuzug armer Dorfbewohner, auf der Suche nach Arbeit, explodierte ab etwa 1950 die Bevölkerungszahl regelrecht. Eine vernünftige Stadtentwicklung war nicht gegeben, so dass der obere Teil der Bucht bis heute von ärmlichen Behausungen, Schmutz und Kriminalität geprägt ist. Seit 1990 versucht die Stadt mit einem aufwändigen Sanierungsprogramm die größten Probleme in den Griff zu bekommen und vor allem, die mit ungeklärten Abwässern verschmutzte Bucht zu sanieren. Die meisten Urlauber wohnen in der gepflegten Hotelzone und werden von diesen Problemen nicht viel erfahren – solange sie nicht Opfer der vielen Diebe oder Betrüger werden. Acapulco steht in der Verbrechensstatistik weit oben – noch vor Mexiko City.
Unser Ziel war das kleine Fischerdorf Pie de la Cuesta, das am nördlichen Stadtrand von Acapulco, auf einer schmalen Landzunge, zwischen Pazifik und der Lagune de Coyuca liegt. An der riesigen Süßwasserlagune kämpfte bereits Silvester Stallone in Rambo 2, heute ist es ein eher ruhiger und erholsamer Ort. Der gepflegte Trailerpark bot uns allen erforderlichen Komfort und es gab eine direkte Busverbindung ins Zentrum Acapulcos.
Die Busfahrt in dem Vorortbus nach Acapulco war ein ganz besonderes Erlebnis. Mindestens 20 Jahre alt, klapprig und so verrostet, dass wir von innen durch die Rostlöcher im Boden die Straße sehen konnten, verwunderte es uns, dass der Bus noch nicht auseinander gebrochen ist. Die Türen schlossen nicht mehr richtig, Armaturen waren nicht vorhanden und der Fahrer saß auf einer Art Campingstuhl hinter dem großen Lenkrad. Das Einzige, was gut funktionierte war die Beschallung im Bus. Ohrenbetäubende mexikanische Musik machte das Gefährt zu einer rollenden Disco, aber es schien niemanden zu stören – selbst Kleinkinder schliefen in den Armen ihrer Mütter friedlich ein. Nach 30 aufregenden Minuten standen wir in Acapulco am Zócalo und wunderten uns, dass diese Schrotthaufen immer noch zur Personenbeförderung eingesetzt werden.
Unser erstes Ziel waren die berühmten La-Quebrada-Klippenspringer, die wohl bekannteste Attraktion Acapulcos. Aus 35 Metern Höhe stürzten sich die Clavadistas (Todesspringer), vorbei an den schräg ins Meer abfallenden Felsen, in die schmale Bucht. Dabei mussten sie sich nicht nur kräftig abstoßen, um an den scharfen Klippen vorbei in das schäumende Wasser der Bucht zu springen, sondern auch noch genau den Zeitpunkt abpassen, in dem die Brandung in die schmale Bucht strömte und eine Wassertiefe schaffte, die diese Sprünge erst ermöglichte. Während der Vorführung wurde der Schwierigkeitsgrad der Sprünge jeweils gesteigert. Saltos, Sprünge rückwärts und Synchronsprünge waren die Höhepunkte. Nach jedem Sprung kletterten die Clavadistas an den Klippen nach oben, um ein weiteres Mal ihren Mut zur Schau zu stellen.
Nicht so spektakulär, dafür wesentlich informativer, war das Historische Museum im Fort San Diego. In einer schön präsentierten Ausstellung wurde die Entwicklung Acapulcos zum Ausgangspunkt der spanischen Expansion im Pazifik dargestellt. Von Acapulco stachen die spanischen Galeonen in Richtung Ostasien und Philippinen in See, um nach Monaten, schwer mit Schätzen beladen, hier wieder anzulanden. Die Schiffe wurden entladen und die wertvollen Waren wie Porzellan, Seide und Gewürze mit Eselskarawanen nach Veracruz transportiert. Von dort erfolgte die Weiterverschiffung nach Spanien. Auch die Goldschätze Perus nahmen diesen Weg. Zum Schutz gegen holländische und englische Piraten wurde 1776 das Fort San Diego erbaut.
24.05.2010 – Cancun lässt uns nicht los
Kurz nachdem unsere Tochter abgereist war wurde meine Ohrenentzündung wieder so akut, dass ich nochmals zum Arzt gehen musste. Der über das Internet gefundene deutschsprachige HNO-Arzt verordnete mir die richtigen Medikamente, und eine weitere Woche Aufenthalt in Cancun. Nach dieser Zeit war ein zweiter Arzttermin erforderlich.
Uns gefiel es immer noch in Cancun. An den phantastischen Stränden des Karibischen Meeres ließ es sich gut aushalten. Wir hatten einen tollen Stellplatz, oberhalb des weißen Strandes, und verbrachten herrliche Tage. Auch Puerto Morelos, etwas südlich von Cancun, hatte es uns angetan. Hier ging es etwas ursprünglicher und eher mexikanisch zu.
In dieser Zeit nahm auch die Idee, für einige Tage nach Deutschland zu fliegen, langsam Gestalt an. In unserer Grobplanung war ein Heimaturlaub nach etwa einem Jahr vorgesehen. Wir brauchten dafür aber eine Betreuung für Basko, einen sicheren Abstellplatz für unseren Hobby und einen passenden Flug. So richtig ernsthaft hatten wir uns bisher noch nicht um diese Dinge gekümmert – und dann ging alles ganz schnell.
Auf einem Campingplatz in Cancun können wir unser Wohnmobil bewacht abstellen und in der Nähe gibt es ein, von einer jungen Amerikanerin geführtes Tierheim, wo man sich besonders um hilfebedürftige Straßenhunde kümmert. Die gute Unterbringung von Basko war der wichtigste Punkt unserer Reisevorbereitung, und so sind wir in den nächsten Tagen noch zweimal zu dem Tierheim gefahren. Wir waren beeindruckt von der Liebe und Fürsorge, mit der die zum Teil kranken oder überfahrenen Hunde gesundgepflegt und betreut wurden. Mit einem dreibeinigen Labrador hat Basko schnell Freundschaft geschlossen. Wir waren uns ziemlich sicher, dass er sich hier wohlfühlen wird und eine gute Betreuung bekommt.
Jetzt brauchten wir nur noch einen Flug nach Deutschland. Cancun bietet dafür gute Bedingungen, weil viele Charterfluggesellschaften diesen Flughafen bedienen - und Condor hatte ein unschlagbares Angebot. Die Buchung war jedoch nicht so einfach. Alle Flüge waren auf der Buchungsseite von Condor nur von Deutschland nach Mexiko und zurück buchbar. Wir brauchten den Flug aber gerade umgekehrt. Die Hotline wird es schon hinkriegen, dachten wir, und waren dann schwer enttäuscht, dass die freundliche Dame uns diesen Flug auch nicht reservieren konnte. Die Alternative wäre ein Linienflug zum doppelten Preis gewesen.
Solch eine Situation fordert meinen Ehrgeiz heraus und nach einer halben Nacht im Internet hatte ich eine Reiseagentur gefunden, die uns unseren Flug wie gewünscht buchen konnte. Einen Hunderter Rabatt gab es auch noch obendrauf.
Jetzt hatten wir alles zusammen und weitere 10 Tage Zeit bis zum Abflug. „Cancun lässt uns nicht los“, sagte Petra lachend. Aber die Tage vergingen schnell. Es gab einiges für unseren kurzen Deutschlandaufenthalt zu organisieren. Termine mussten vereinbart, ein Zeitplan erstellt werden und auch unsere Einkaufsliste wurde immer länger. Wir hatten uns viel vorgenommen für die Tage in Deutschland.
09.06. - 17.06.2010 – Kurzurlaub in Deutschland
Nach einem angenehmen Direktflug empfing uns Deutschland mit 30 Grad und Sonne. Alle um uns herum schwitzten – wir waren daran gewöhnt. Für uns war es eine normale Temperatur, die sogar etwas besser verträglich war als in Cancun, weil die Luft hier trockener war. Der vorreservierte Mietwagen stand schon bereit und kurze Zeit später rollten wir über die A 5/ A4 Richtung Osten. Bei Jena nahmen wir uns die Zeit für eine Thüringer Bratwurst vom Holzkohlegrill – es war ein Genuss.
Spät abends kamen wir dann im Erzgebirge bei meiner Schwester an. Hier hatten wir für die nächsten Tage Asyl gefunden.
Die Tage waren ausgefüllt mit Terminen, Erledigungen und Besuchen. Die Zeit war viel zu kurz, aber wir haben diese wenigen Tage intensiv genutzt. Schön waren die Stunden mit unseren Kindern Felix und Katharina, mit unseren Familien und mit Freunden. Besonders wichtig war mir das Wiedersehen mit meiner Mutti. Sie hatte vor einigen Wochen ihren 90. Geburtstag gefeiert, und jetzt konnten wir ihr nochmals persönlich alles Gute und viel Gesundheit wünschen. Beeindruckt hat mich die Klarheit, mit der sie eine schriftliche Festlegung für den Fall ihres Ablebens getroffen hat. Sie möchte, dass wir in diesem Fall unsere Reise unbedingt fortsetzen und nicht zu ihrer Beerdigung nach Deutschland kommen. Ich habe großen Respekt vor dieser Entscheidung, hoffe aber sehr, sie beim nächsten Besuch gesund anzutreffen.
Obwohl es uns in Amerika kulinarisch sehr gut ging, so hatten wir doch auf bestimmte Lebensmittel einen regelrechten Heißhunger. Die frische Bauernleberwurst vom Hofladen um die Ecke oder ein knuspriges Schwarzbrot von unserem Dorfbäcker gehörten ebenso dazu wie französische, italienische und griechische Spezialitäten vom Markt oder ein frisch geräucherter Fisch. Wir ließen es uns schon recht gut gehen, müssen wir doch wieder für eine lange Zeit auf viele dieser Dinge verzichten.
Den letzten Tag vor unserem Rückflug verbrachten wir bei unserem Sohn in Düsseldorf. Hier haben wir uns noch ein letztes Mal in einem italienischen Nobelrestaurant verwöhnen lassen, und hier hatten wir am nächsten Tag noch ein Erlebnis, welches uns so eindrucksvoll den Unterschied des Zusammenlebens in Deutschland und in Nordamerika aufgezeigt hat.
In der Innenstadt hatte ich mich in die falsche Spur eingeordnet und versucht, noch weit vor der Kreuzung, diesen Fehler zu korrigieren. Ein Anblinken hatte keinen Erfolg, so dass ich mit Blickkontakt und einer Geste darum bat, die Spur wechseln zu können. Die Antwort war ein noch dichteres Auffahren und das bekannte Tippen mit dem Zeigefinger an die Stirn. Der Nächste führte aufgeregt Selbstgespräche über meine Dummheit und schlug sich mit der Hand an den Kopf. Vielleicht war auch das Dürener Kennzeichen daran schuld, dass ich nicht als Ortsfremder sondern als Landei eingestuft wurde.
Trotzdem bleibt ein bitterer Nachgeschmack, dass wir Deutschen so wenig freundlich miteinander umgehen. Nach einem Jahr in Nordamerika hatten wir uns so sehr an die nette Art des Zusammenlebens gewöhnt. Ein Lächeln ist hier wirklich der kürzeste Weg zwischen zwei Menschen und die Basis der Kommunikation überhaupt. In Deutschland wurde ich dabei manchmal angeschaut, als ob ich ein unsittliches Angebot gemacht hätte.
Am 17.06. flogen wir dann wieder zurück nach Mexiko. Die Zeit in Deutschland war sehr schön und wir freuen uns schon auf den nächsten Heimaturlaub.
18.06.2010 – Und wieder Cancun
Nach 11 Stunden Flug waren wir wieder „zu Hause“ in Mexiko. Gemeinsam mit den vielen Pauschaltouristen legten wir am Flughafen unsere Koffer auf das Band zum Röntgengerät und drückten danach auf den roten Knopf, der einen Zufallsgenerator ansteuert. Kommt die grüne Lampe, dann kann man ohne weitere Kontrolle mit seinem Gepäck einreisen, bei der roten Lampe ist eine individuelle Inspektion angesagt. Wie sollte es auch anders sein – bei uns leuchtete die rote Lampe auf. Natürlich hatten wir die Einfuhr von Lebensmitteln, Autoersatzteilen etc. auf der Zollerklärung verneint, und nun mussten wir mit Herzklopfen unsere Reisetaschen öffnen. Ich war behilflich und hab die Kleidung etwas angehoben. Nach einem flüchtigen Blick hatte der Zöllner genug bzw. nichts gesehen und uns durchgewinkt. Wir schauten uns an und packten ganz schnell zusammen. Wieder einmal hatten wir Glück gehabt. Es wäre auch zu schade um die leckeren Delikatessen gewesen, und wie der Zoll auf die Autoersatzteile reagiert hätte ist auch offen.
Mit einem klapprigen Nissan-Taxi, auf der Uhr standen über 600.000 Kilometer, fuhren wir zum Tierheim. Es war gerade die Zeit der Fütterung. Basko hatte seinen Fressnapf schon leer und kam uns ganz freudig entgegen gelaufen. Er hat sich sichtlich wohl gefühlt, musste aber gleich noch mal zurück, um auch seinen Hundefreunden zu helfen ihre Näpfe leer zu fressen. Die Tage hat er wohl gelebt, wie im Schlaraffenland.
Die feuchte Wärme trieb uns den Schweiß aus allen Poren und wir waren glücklich, als wir am späten Abend wieder auf unserem Stellplatz, direkt am Meer, angekommen waren. Hier war immer eine leichte Meeresbrise vorhanden, die durch die geöffneten Seiten- und Dachfenster auch im Hobby ein erträgliches Klima schaffte. Nach einem erfrischenden Bad sind wir in unser „eigenes“ Bett gefallen und haben schnell und tief, bis weit in den nächsten Morgen hinein, geschlafen.
Noch einen Tag wollten wir uns zum Ausspannen in Cancun gönnen – aus diesem einen Tag sind dann sechs Tage geworden. Jeden Morgen haben wir uns entschieden, einen weiteren Tag im Paradies zu bleiben. Fast täglich sahen wir die traurigen Blicke der Pauschalurlauber, die vom Flughafenshuttle zu ihrem Heimflug abgeholt wurden. Dabei haben wir wieder einmal ganz klar realisiert, welches Privileg wir besitzen. Wir können unsere Zeit, unsere Reisegeschwindigkeit und -route selbst bestimmen und wenn es uns an einem Ort ganz besonders gut gefällt, dann bleiben wir, so lange es uns Freude macht.
Nach dieser Woche an unserem Traumstrand waren wir dann so weit ausgeruht, neugierig und bereit für neue Reiseerlebnisse, dass uns nichts mehr halten konnte.
In Valladolid ließen wir die aus Deutschland mitgebrachten Kupplungsteile einbauen. Nach der Reparatur lief unser Ford Transit wieder wie neu. Ich war glücklich und sehr froh, dass die Ferndiagnose von Ford-Pichel in Hartmannsdorf stimmte und wir die richtigen Teile mitgenommen hatten. Jetzt stand der Entdeckung des mexikanischen Hochlandes und der Pazifikküste nichts mehr im Wege.
30.04.2010 – Über Playa del Carmen nach Tulum und Coba
Zur Einstimmung auf unsere Yucatan-Rundreise haben wir uns noch einen Tag an Cancuns herrlichen Stränden gegönnt. Am Ende des Tages hatten wir dann die Reiseroute abgestimmt, und Kathi hatte ihren ersten Sonnenbrand.
Nach einem ausgiebigen Frühstück mit ungarischer Salami und französischen Käse - alles von Kathi eingeschmuggelt – starteten wir am nächsten Morgen in Richtung Süden. Playa del Carmen war unser erstes Zwischenziel. In einer ruhigen Seitenstraße, nahe dem touristischen Zentrum, stand unser Hobby sicher und wir erkundeten den Ort. Es war früher Nachmittag, sonnig und heiß. Die Stadt war wie leergefegt. Dafür war der Strand übervoll. Ein kleines Plätzchen hatte man uns noch freigelassen, so dass wir den Rest des Tages bei einer frischen Seebrise am und im Wasser verbringen konnten.
„Wollen wir heute Nacht hierbleiben“ hatte Kathi gefragt. „Dann können wir am Abend in die Stadt gehen“. Das war eine gute Idee! Ich hatte gar keine Lust weiter zu fahren und freute mich schon lange auf ein eiskaltes Corona-Bier.
Playa del Carmen, der zweitgrößte Touristenort Yucatans, ist nicht so künstlich und steril wie Cancun. In der Innenstadt gibt es kleine Hotels, Shops und eine ausgeprägte Restaurant- und Kneipenszene. Wir bummelten durch die Innenstadt, nahmen hier und da einen Drink, aßen beim Italiener leckere Pizza.
Erst gegen Mitternacht waren wir zurück am Hobby. Basko hatte gut aufgepasst – er konnte aber nicht verhindern, dass wir von hinten total zugeparkt wurden. Kein Blatt Papier passte mehr dazwischen und wir waren froh, dass nichts beschädigt war.
Am nächsten Morgen, Playa del Carmen schlief noch, sind wir sehr zeitig nach Tulum gefahren, um vor der Mittagshitze und den anderen Touristen dort zu sein. Tulum ist die einzige Mayasiedlung, die direkt am Meer liegt und genau das macht auch ihren Reiz aus. Von hier fuhren die Mayas in ihren seetüchtigen Kanus bis nach Guatemala, Honduras und sogar bis nach Costa Rica und Panama.
Über türkisfarbenem Meer und weißem Sandstrand erheben sich El Castillo, das am meisten beeindruckende Bauwerk Tulums, und mehrere kleinere Tempel. Es ist ein großartiger Anblick, wie sich diese gut erhaltenen Mayabauten mit Land und Meer zu einer harmonischen Schönheit verbinden. Die restlichen Bauwerke sind fast ausschließlich stark beschädigte Ruinen.
Gegen Mittag kamen die Reisebusse mit hunderten Touristen aus den umliegenden All Inclusive Hotels, erkenntlich an den farbigen Armbändchen. Jetzt hatten auch die Voladores ihr Publikum. Kopfüber ließen sie sich, an Seilen hängend, von einem hohen Mast herabdrehen und zeigten damit eine alte kultische Handlung der Totonaken.
Uns wurde es jetzt zu hektisch und zu heiß. An den Stränden, südlich von Tulum, verbrachten wir den Rest des Tages und die Nacht.
Am nächsten Morgen war wieder zeitiges Aufstehen angesagt. Wir fuhren nach Cobá, 45 km westlich von Tulum gelegen. Im dichten Busch, abseits des Touristenrummels von Tulum, liegen hier eindrucksvolle Ruinen und das höchste Mayabauwerk Yucatans, die Pyramide Nochol Mul.
Cobá, älter als Tulum und Chichen Itza, war in der Maya-Spätklassik das wichtigste Zentrum im Nordosten Yucatans und es ist wohl die ausgedehnteste Mayasiedlung überhaupt. Richtig sichtbar wird dies jedoch nicht, weil auf dem rund 70 Quadratkilometer großen Gelände erst ganz wenige Bauten freigelegt und rekonstruiert sind. Es ist schon ein beeindruckender Gedanke, dass unter vielen Erdhügeln noch Geheimnisse auf die Archäologen warten, und mancher Stein im Gelände vielleicht die Spitze eines unentdeckten Tempels oder Gebäudes ist.
Anders als in Tulum konnten wir einige Gebäude, und auch die große Pyramide Nohoch Mul, besteigen. Die Treppen sind stark beschädigt und der Aufstieg schien nicht ganz leicht zu sein. Trotz der Hitze wollten wir hinauf. 117 Stufen mussten wir erklimmen, bis wir von der oberen Plattform eine tolle Aussicht über den dichten, alles verschlingenden Wald und einzelne Ruinen hatten. Wir ruhten uns aus und freuten uns an dem Ausblick und der kühlen Brise in 42 Meter Höhe.
Der Abstieg war schon etwas anspruchsvoller. Manche Touristen rutschten auf dem Hosenboden, Stufe für Stufe, nach unten. Die ca. 60 Grad starke Neigung sah von oben ganz anders aus. Rückwärts, mit der Hand an dem Hilfsseil, kamen wir verschwitzt, aber glücklich unten an.
05.05.2010 – Chichen Itza
Unsere Fahrt nach Chichen Itza führte über Valladolid. Vor 3 Wochen hatten wir hier, in der kleinen sympathischen Ford-Werkstatt, den Wartungsservice für unseren Ford Transit erledigen lassen. Ein erforderliches Ersatzteil für unsere Kupplung musste erst bestellt werden. Wir verständigten uns darauf, auf der Fahrt nach Chichen Itza kurz vorbei zu kommen und den Kupplungsgeberzylinder wechseln zu lassen. Leider hatte ich den Service zu früh gelobt. Das Teil war noch nicht geliefert, es würde noch mal 10 Tage dauern. An den geschäftigen Anrufen und Durchgeben der Fahrgestellnummer konnte ich erkennen, dass das Teil noch gar nicht bestellt war. Vielleicht hatte man geglaubt, dass ich nicht wieder komme. Ich war enttäuscht. Kathi hätte das Teil problemlos aus Deutschland mitbringen können. Vielleicht sind hier auch meine deutschen Maßstäbe fehl am Platz.
In Piste, dem kleinen Ort nahe Chichen Itza, haben wir auf dem Campingplatz des Hotels Stardust Inn übernachtet, um am nächsten Morgen ganz früh an der bekanntesten archäologischen Stätte Yucatans zu sein. Nur wenige Minuten waren es von Piste nach Chichen Itza und zum großen Parkplatz. Hier steht das monumentale Empfangsgebäude, welches uns schon einen ersten Eindruck von der touristischen Bedeutung dieser Mayastätte gab. Schön war, dass es hier Tageskarten gab, die zum mehrmaligen Betreten des Geländes berechtigten.
Kurz hinter dem Eingang sahen wir die meisterhaft gebaute Kukulkán-Pyramide, das eindrucksvollste und wohl auch bekannteste Bauwerk von Chichen Itza. Die Pyramide wurde um 800 begonnen und später, zwischen 1100 und 1300, von den Tolteken fertig gestellt. Beeindruckend sind die Perfektion der Bauausführung sowie die exakte Ausrichtung der Pyramide auf den Einfall der Sonnenstrahlen während der Tagundnachtgleiche. Am 21. März und am 23. September jeden Jahres wirft die tief stehende Sonne ein gewelltes Schattenband auf die nördliche Aufgangstreppe. Dabei entsteht der Eindruck, eine Schlange würde sich von oben herab winden – der Herabstieg Kukulkáns.
Die astronomischen Erkenntnisse hatten die Mayas durch eine jahrelange Himmelsbeobachtung erworben. Ein weiteres interessantes Gebäude in Chichen ähnelt einem modernen Observatorium. Von diesem, als El Caracol bezeichneten Kuppelbau beobachteten die Mayas über Jahrzehnte, Nacht für Nacht, die Sterne. Ohne optische Instrumente, ausschließlich unter Nutzung von Peilkanten und ihres logischen Denkvermögens, waren sie in der Lage Sonnen– und Mondfinsternisse, den Lauf und die Position der Gestirne sowie die genaue Ausrichtung der Kukulkan-Pyramide zur Erzeugung des Schlangeneffekts vorauszusagen.
Chichen Itza ist wirklich eine archäologische Sensation! Leider konnten wir kein einziges Bauwerk betreten, auch die Kukulkán-Pyramide nicht mehr. Genervt haben uns die unzähligen Souvenirhändler, die jeden Weg belagerten und blockierten. Damit geht viel von der Stimmung an diesem großartigen Ort verloren.
Die abendliche Licht- und Tonschau rundete diesen Tag ab.
07.05.2010 – Celestún und Uxmal
Von Chichen Itza fuhren wir nach Celestún an der Westküste Yucatans. Das schläfrige Fischerstädtchen liegt knapp 100 km westlich von Merida auf einer langgestreckten Landzunge, mitten im Reserva de la Biosfera Ría Celestún, (UNESCO-Biosphärenreservat). Hier findet man eine weltweit einmalige arten- und sortenreiche Tier- und Pflanzenwelt. Hauptattraktion sind aber die nur hier anzutreffenden Karibikflamingos. Das niedrige, vor direkter Ebbe und Flut geschützte tropische Salzwasser und reichlich Nahrung sind die Gründe dafür, dass sich die rosaroten Flamingos hier zu tausenden ansiedeln. Ändern sich die Lebensbedingungen nur geringfügig, dann ziehen sie weiter. Natürlich wollten wir die Flamingos sehen. Viel Hoffnung hatte uns unser Bootsführer nicht gemacht, in den letzten Tagen waren keine der großen rosafarbenen Wasservögel zu sehen gewesen, aber das Reservat bietet so viel Natur, dass wir uns trotzdem für eine Bootstour entschieden haben.
Nach 20 Minuten Fahrt in die Meeresbucht sahen wir wirklich eine kleine Gruppe Flamingos im flachen Wasser stehen. Ganz langsam fuhren wir näher, ohne die kritischen Distanz zu unterschreiten. Es war ein schöner Anblick, wie die stolzen Tiere sich grazil bewegten, ihre Hälse streckten und ihr, an der Unterseite dunkles Gefieder zeigten. Dabei wurden diese Bewegungen von fast allen Tieren gleichzeitig ausgeführt. Leider war unsere Beobachtung dann schnell beendet, weil ein zweites Boot von der anderen Seite etwas zu nahe an die Kolonie heran kam. In kürzester Zeit waren alle Vögel in der Luft und flogen als rosaroter Schwarm davon.
Die weitere Fahrt führte durch einen Tunnel aus dichten Mangroven zu einer Süßwasserquelle, in der wir auch baden konnten. Die Bäume ringsum waren voller Wasservögel – wir sahen auch zwei kleine Affen.
Den Rest des Tages verbrachten wir am schönen Strand von Celestún. Baden, sonnen und dann noch frischen Fisch im Palapa-Strandrestaurant (Palapa = palmwedelgedeckte Hütte) – mehr kann man von einem Tag im Paradies nicht erwarten. Die Nacht konnten wir im Bootshafen verbringen. Am nächsten Morgen haben wir uns spontan für einen weiteren halben Tag am Strand entschieden, bevor wir nach Uxmal weitergefahren sind.
Uxmal ist, neben Chichen Itza, eine der bedeutendsten Mayastätten Yucatans. Gleich am Eingang steht die Pyrámide del Adivino, die Pyramide des Zauberers. Diese Bezeichnung geht auf die Legende zurück, dass die Pyramide von einem Zauberer in nur einer Nacht erbaut wurde. In Wirklichkeit sind fast alle Mayapyramiden durch mehrfache Überbauung kleinerer Bauwerke entstanden, so auch diese Pyramide. Das Besondere sind die hier abgerundeten Kanten, ein Novum auf Yucatan. Ähnlich wie in Chichen Itza gab es auch in Uxmal eine abendliche Licht- und Tonschau, bei der die Pyramide des Zauberers und das sogenannte Nonnenviereck im Mittelpunkt standen. Damit war unsere Abendunterhaltung gesichert und am nächsten Morgen waren wir, vor der Hitze und dem Besucherandrang, schon wieder zwischen den Ruinen unterwegs.
Kennzeichnend für Uxmal sind die großen rechteckigen Plätze, die von verschiedenen Gebäuden mit prunkvollem Friesdekor im Puuk-Stil umgeben sind. Das interessanteste Gebäude ist der Palast des Gouverneurs, ein knapp 100 Meter langer prächtiger Fassadenbau, der als Versammlungshaus für Adlige und als Residenz des Regenten genutzt wurde. Bei den weiteren Gebäuden von Uxmal besteht noch heute weitestgehend Unklarheit über den Zweck und die Nutzung. Auch über die realen und sozialen Lebensverhältnisse der ehemaligen Bewohner von Uxmal und anderer Mayastädte ist wenig bekannt.
Eines ist jedoch sicher, Uxmal war die einzige bekannte Mayastadt ohne direkten Zugang zu Wasser. Das lebenswichtige Nass musste als Regenwasser in Zisternen gesammelt werden und so verwundert es nicht, dass an fast allen Gebäuden der Regengott Chaak, der Hauptgott Uxmals, mit seiner großen Nase zu sehen ist.
Gegen Mittag wurden auch unsere Wasserflaschen leer und die Hitze fast unerträglich. Petra und Katharina hatten genug von den Ruinen und sind zum Hobby gegangen. Ich wollte noch einige Fotos machen und war auf der Suche nach schönen Einstellungen. Am Nonnenviereck bin ich einige Schritte ins hohe Gras getreten - und plötzlich hörte ich dieses aufgeregte Rasseln. Ich wusste sofort, was ich hier im Gras gestört hatte, aber noch sah ich die Klapperschlange nicht. Ganz langsam bin ich rückwärts gegangen, den Blick auf die Stelle, von wo das Geräusch herkam, gerichtet. Dann sah ich sie, zusammengerollt, mit erhobener Schwanzrassel im trockenen Gras liegen. Erst als ich genügend weit weg war fiel die Anspannung von mir ab. Ich wollte jetzt auch nur noch zum Hobby, meinen Durst stillen und den Tag ausklingen lassen.
In unserem Reiseführer steht, dass Uxmal anders ist als die übrigen Mayastätten - ich kann das voll bestätigen. Klapperschlangen hatten wir bisher noch nicht!
10.05.2010 – Isla Aguada und Palenque
Wir hatten uns eine kleine Ruhepause verdient, ein oder zwei Tage ohne Ruinen und Pyramiden. Gut geeignet schien uns der nette Campingplatz auf der Isla Aguada, auf dem wir schon einmal zwei Tage gestanden haben. Immer am Meer entlang, mit einer Zwischenübernachtung in Campeche, fuhren wir zu dem kleinen tropischen Paradies. Auf dem Platz wird die Rabattkarte „Passport Amerika“ akzeptiert, so dass wir normalerweise nur den halben Preis zu zahlen brauchten, aber auch diesmal wieder die gleiche Diskussion mit der Managerin darüber, wie viel 50% sind. Das Angebot sah in etwas so aus: Normalpreis pro Nacht sind 300 Pesos und mit Rabattkarte nur 250 Pesos - aber nicht mit uns. Wie schon beim letzten Besuch haben wir eine geschlagene halbe Stunde diskutiert – und dann natürlich nur den halben Preis bezahlt.
Der Tag verging viel zu schnell mit schwimmen, sonnen, relaxen. Am Abend wurde gegrillt und in der lauen Nacht saßen wir dann noch lange vor dem Wohnmobil und hatten so viel zu erzählen – Kathi von Deutschland und ihrer Arbeit und wir von Amerika und unserer Reise.
Am nächsten Morgen wurden wir von wilder mexikanischer Musik geweckt. Auf dem Wasser sammelten sich bunt geschmückte Boote, die dann in einer Formation, mit Böllerschüssen und Raketen, an der Stadt vorbeifuhren. „In Isla Aguada wird im Mai mehrere Wochen gefeiert, jeder Tag ist einer anderen Personengruppe gewidmet und heute ist der Tag der Fischer“ sagte uns die Hotelmanagerin. Die Feier ging bis spät in die Nacht und endete mit einem großen Umzug durch die Stadt. Was an den anderen Tagen ablief haben wir nicht mehr erleben können. Unser Zeitplan wäre in Gefahr gewesen. Gleich nach dem Frühstück sind wir am nächsten Morgen in Richtung Palenque gestartet.
Die Fahrt verlief ruhig, die Straßen waren in einem ordentlichen Zustand und wir kamen gut voran. Kurz hinter Chablé gaben uns die entgegenkommenden Fahrzeuge auf der Mex 186 Lichthupe und Zeichen, wir sollten langsamer fahren. Das ist üblich in Mexiko, man warnt sich gegenseitig vor Gefahren. Wenige Kilometer weiter sahen wir den Grund. Dichter Rauch lag über der Straße und ein beschädigter Bus stand am Straßenrand. Einige Autos waren auf den Randstreifen gefahren, die Fahrer diskutierten aufgeregt. Wir haben natürlich nichts verstanden, unser Spanisch war noch viel zu schlecht. Einzelne Fahrzeuge überholten uns, fuhren auf der Straße weiter und verschwanden bald im dichten Rauch. Auch von der anderen Seite kamen jetzt einige Autos durch. Nachdem wir eine halbe Stunde gewartet hatten entschlossen wir uns, die Unfallstelle zu passieren. Der Rauch war so dicht, dass wir auf den nächsten 50 Metern absolut nichts sahen – und dann plötzlich, direkt vor uns ein brennender PKW und abgesplitterte Autoteile auf unserer Fahrbahn. Im dichten Rauch eines Waldbrandes war dieser PKW mit dem Bus zusammengestoßen und hatte Feuer gefangen. Dadurch war der Rauch noch undurchdringlicher. Kathi hatte die Gefahr zuerst gesehen und ich konnte im letzten Moment ausweichen. Zum Glück war die Gegenfahrbahn frei. Erst nach etwa einer halben Stunde kamen uns Polizei- und Krankenwagen auf der Fahrt zur Unfallstelle entgegen. Das hätte auch ganz anders für uns ausgehen können, unser Schutzengel war wieder mit dabei. Wir fuhren nur noch bis zum Abzweig der Mex 199 und standen die Nacht, kurz vor Palenque, an einer PEMEX-Tankstelle.
Nur noch 40 km waren es am nächsten Morgen bis zu den Ruinen von Palenque, nach einer guten halben Stunde waren wir da. Eigenartige und ungewohnte Geräusche umgaben uns auf dem Weg durch das Gelände. Neben exotischen Vogelstimmen und dem Gezirpe von Zikaden hörten wir auch das heisere Fauchen der Brüllaffen. Eine Geräuschkulisse, die zu den geheimnisvollen Ruinen inmitten des Urwaldes passte. Auch in Palenque gibt es für Archäologen noch viel zu entdecken. Nur 10 % der über 500 Ruinen, Pyramiden und Tempel sind bisher freigelegt und immer wieder werden sensationelle Entdeckungen gemacht. Das schönste Bauwerk in Palenque ist der Templo de las Inscripciones, der Tempel der Inschriften, hoch oben auf einer als Grabmahl errichteten Pyramide. Erst 1952 entdeckte man hier das Grab von Pacal des Großen, dem wichtigsten Herrscher in Palenque, und damit das erste Grabmahl in einer Maya-Pyramide überhaupt. 1994 dann die nächste Sensation, das Grab der Roten Königin wurde in der benachbarten Pyramide XIII entdeckt und 2003 wurde wieder ein unversehrtes Grab in Palenque, 1400 Jahre alt, gefunden.
Wir sitzen im Schatten des El Palacio, dem Palast von Palenque, und lassen die außergewöhnliche Stimmung dieser versunkenen und wieder auferstandenen Stadt auf uns wirken. Wie muss es hier ausgesehen haben, als Palaenque noch eine lebendige Mayastadt mit tausenden Bewohnern war? Die, mit feinen Stuckreliefs verzierten Gebäude waren zinnoberrot angestrichen, und bildeten in der hellen Tropensonne einen fantastischen Kontrast zum azurblauen Himmel und dem satten Urwaldgrün. Und trotzdem wurde Palenque, wie alle anderen Mayastädte auch, von seinen Bewohnern vor ca. 1200 Jahren aufgegeben und verlassen. Die Gründe sind bis heute unklar, ein weiteres Betätigungsfeld für die archäologische Wissenschaft.
14.05.2010 – Chiapas Wasserfälle und Rückfahrt nach Cancun
Als letztes und südlichstes Ziel unserer Rundreise stehen Chiapas Wasserfälle auf unserem Programm. Nicht weit hinter Palenque erreichen wir nach kurzer Fahrzeit die Cascada Misol Há. Hier fällt das Wasser des Río Tulijá aus 35 Metern in ein Wasserbecken, in dem wir als erstes ein erfrischendes Bad nahmen. Auf einem Weg konnten wir direkt hinter die Wasserfälle gelangen und so den Sonnenuntergang durch den Wasservorhang betrachten. Duschen unter den Wasserfällen war hier auch möglich, so dass wir nach 2 Stunden herrlich erfrischt zum Hobby zurückkamen. Die Nacht verbrachten wir, mit einer interessanten Urwald-Geräuschkulisse, auf dem Parkplatz an den Wasserfällen. Auch Brüllaffen waren wieder in der Ferne zu hören.
Am nächsten Morgen ging die Fahrt weiter zum zweiten Wasserfall in Chiapas, den Cascadas Agua Azul. Sie werden als die schönsten Wasserfälle Mexikos bezeichnet. Die Straße ist kurvenreich und eng. Am Straßenrand oder an den Topes werden wieder Erfrischungen und Obst angeboten. Hier haben sich die Verkäufer, meist Frauen mit kleinen Kindern, etwas Neues einfallen lassen. Mit Stricken wurde die Straße gesperrt und wir zum Anhalten gezwungen. Ein Durchfahren hätte die Frauen, die die Stricke in der Hand hielten, sicher verletzt. Obwohl wir manchmal etwas an der Straße gekauft haben lehnten wir es diesmal strikt ab. Diese Nötigung ließen wir uns nicht gefallen. Wir fuhren langsam weiter, bis der Strick widerwillig abgesenkt und wir mit Worten attackiert wurden. Gut, dass wir nicht alles verstanden haben. Auf der weiteren Fahrt beschäftigte uns noch dieses Vorgehen, es war unverschämt und gefährlich. Aber wie viel Not zwingt die Menschen zu solchen Handlungen? Wie verhält man sich richtig?
Chiapas ist einer der die ärmsten Bundesstaaten Mexikos, ein Viertel der Bevölkerung ist indigener Abstammung, ohne Ausbildung und Arbeit. Hier kämpft die EZNL, eine Guerillaorganisation, für die Rechte und die Chancen dieser Bevölkerungsgruppe. Am Eingang der Agua Azul Wasserfälle wurden wir an einem Schlagbaum zur Zahlung von 45 Pesos für die EZLN aufgefordert und erhielten ein Flugblatt. Der reguläre Eintritt wurde 500 Meter weiter kassiert.
Die Wasserfälle selbst sind schon einen Besuch wert. Eingebettet in wucherndes Ufergrün ergießen sich die gewaltigen, blendend weiß schäumenden Wassermassen der Rio Yax über mehrere Kaskaden brauner Steine in ein türkisfarbenes Wasserbecken. Es war ein wirklich atemberaubender Anblick und ein tolles Erlebnis, wären da nicht die vielen nervigen Händler gewesen, die uns auf Schritt und Tritt belauerten und belagerten. Schmuddlige Gaststätten warben für ihre Angebote und das ganze Gelände machte einen ungepflegten Eindruck. Auf dem Parkplatz lagen Splitter von Autoscheiben. Wir fühlten uns nicht so richtig wohl, wollten das Wohnmobil nicht unbeaufsichtigt lassen. Getrennt gingen wir in das Wasserbecken zum Schwimmen und nach einem recht kurzen Aufenthalt fuhren wir zurück. Noch vier Tage verblieben uns für die knapp 1000 km bis Cancun.
Am nächsten Tag machten wir richtig Strecke. Wir kamen bis Chemutal und verbrachten noch zwei Tage auf dem wirklich schönen Campingplatz „YAX-HA“, direkt an der Bahia de Chetumal. Über Playa del Carmen fuhren wir nach Cancun, um am nächsten Tag unsere Tochter am Flughafen „abzugeben“.
Wir waren traurig, die schöne Zeit mit unserer Tochter ging wieder viel zu schnell vorbei. Der von uns erwartete Anruf aus Leipzig kam pünktlich, Kathi war gut angekommen. In Frankfurt hatte sie sich schon einen kleinen Reiseführer von Costa Rica gekauft und schwärmte jetzt von diesem schönen Land und ihrem nächsten Besuch bei uns – auch eine Möglichkeit, das Ende eines Urlaubs zu verarbeiten.
02.04.2010 – Erste Erfahrungen in Mexiko
Mit etwas Bauchschmerzen näherten wir uns am frühen Morgen der Internationalen Brücke über den Rio Grande in Brownsville. Zuviel Schlechtes hatten wir in den letzten Monaten über Mexiko gehört. Auf der amerikanischen Seite wurden wir durchgewinkt. Der Grenzübergang wird fast nur von Kurzzeittouristen im grenznahen Raum genutzt. Erst auf meine nachdrückliche Intervention, dass wir die USA verlassen und nicht wieder einreisen werden, wurde uns eine Parkbucht geöffnet. Als wir unsere Touristenkarte abgaben und der Grenzbeamte sie so ungläubig betrachtete wurde uns klar, dass eine endgültige Ausreise aus den USA über diesen Grenzübergang wohl eher die Ausnahme ist. Wir haben noch zweimal nachgefragt und hoffen, dass alles ordentlich ausgetragen wurde und wir bei einer späteren Wiedereinreise keine Probleme bekommen. Auf der anderen Seite stand schon ein mexikanischer Grenzer, der uns freundlich begrüßte und uns einen Parkplatz zuwies. Im Grenzgebäude wurde uns die Touristenkarte zum Ausfüllen ausgehändigt. Wir wollten nichts falsch machen und haben im Wörterbuch geblättert, vielleicht sahen wir auch etwas hilflos aus, denn nach einigen Minuten kam der Grenzbeamte zu uns und bot seine Hilfe beim Ausfüllen an. Nach kurzer Zeit war alles erledigt und wir hatten eine Aufenthaltserlaubnis für 180 Tage.
Die Einfuhr unseres Hobby war genauso einfach, wenn auch etwas zeitaufwändiger. Die junge Frau bei der Fahrzeugeinfuhr hatte etwas Probleme, die Angaben aus unserer deutschen Zulassung in ihre Formulare einzutragen. An diesem Karfreitag war nicht sehr viel Betrieb am Grenzübergang und so waren dann bei unserer Fahrzeugeinfuhr fast alle verfügbaren Grenzer beteiligt. Mein Pass und mein Führerschein gingen von Hand zu Hand und bei der ganz wichtigen Fahrzeuginspektion – oder besser Fahrzeugbesichtigung - durfte auch keiner fehlen. Nach über einer Stunde war es vollbracht, auch unser Hobby durfte ins Land und er hatte sogar eine Einfuhrgenehmigung für 10 Jahre! Mit vielen guten Wünschen wurden wir sehr herzlich verabschiedet und tauchten ein in die Geschäftigkeit der mexikanischen Grenzstadt Matamoros.
Die Stadt ist vollkommen auf amerikanische Schnäppchenjäger eingestellt, und so reihen sich Geschäfte, Bars, Nachtclubs, Apotheken und Zahnarztpraxen in der Innenstadt aneinander. An der Strasse standen Schlepper und zwielichtige Touristenführer, die alle unser Bestes wollten. Wir brauchten jetzt aber nichts anderes als etwas Bargeld. Die Akzeptanz von Kreditkarten ist nicht mit der in den USA zu vergleichen und abseits der großen Städte gibt es kaum Geldautomaten. Wir hielten bei einer Bank und gingen zu zweit zum Geldautomat, das ist in solch einer Stadt sicherer. Das Auto wurde während dieser Zeit für wenige Pesos von einem selbsternannten Parkplatzwächter bewacht. Und dann wollten wir nur noch schnell raus aus der Grenzregion.
Auf der anfangs noch recht gut ausgebauten MEX 180 fuhren wir durch armselige Dörfer und ausgedörrtes Land nach Tampico. Kokospalmen und Bananenstauden säumten die Straße. Am Hotel Country Express fanden wir einen Stellplatz für die erste Nacht. Wir konnten den schön angelegten Garten und den Pool mitbenutzen und am Abend verwöhnte uns das Hotelrestaurant mit einem typisch mexikanischen Abendessen. Mit einem Tequila ließen wir unseren ersten Tag in Mexiko ausklingen.
05.04.2010 – Costa Esmeralda und Veracruz
Unsere weitere Fahrt führte uns an die Costa Esmeralda und zwischenzeitlich haben wir schon einige Erfahrungen mit den mexikanischen Straßen gemacht. Die Straßenverhältnisse sind sehr gut bis katastrophal und in genau dieser Sequenz konnten wir den Wechsel der Fahrbahnqualität erleben. Einem guten Straßenabschnitt folgte schlagartig eine Holperpiste; tiefe Löcher oder ein fehlender Kanaldeckel machten die Fahrt zum Abenteuer. Nervig sind die vielen Topes, das sind künstliche Hügel auf der Strasse, die den Verkehr beruhigen sollen. Oftmals gibt es Warnschilder, manchmal aber auch nicht, und so hat vor allem Petra die wichtige Aufgabe, die Straße aufmerksam zu beobachten und Topes sowie andere Gefahren rechtzeitig zu erkennen. Mittlerweile wissen wir, dass immer dort, wo direkt auf der Straße etwas verkauft wird Topes sind – oder die Topes angelegt wurden, um etwas zu verkaufen.
Die bisher chaotischste Situation erlebten wir in Poza Rica, wo eine vierspurige Straße ohne jede Verkehrsregelung über die Gegenfahrbahn nach links in eine einspurige Holperpiste geleitet wurde. Erst nachdem wir unseren zurückhaltenden Fahrstil aufgegeben hatten, die Hupe ungehemmt benutzten und uns auch mal durchdrängelten waren wir anerkannt und hatten die Chance, die Kreuzung zu passieren. Höflichkeit im Straßenverkehr oder Rücksicht gegenüber Ortsfremden ist hier unbekannt.
Auf den Landstraßen ist es üblich auch bei Gegenverkehr zu überholen. Man verlässt sich einfach darauf, dass der Entgegenkommende aufmerksam ist und auf den Randstreifen ausweicht. Wenn man dann noch den teils miserablen Zustand der Autos betrachtet, dann wundert es uns schon, dass nicht mehr Unfälle passieren.
Ein kleines Missgeschick ist uns auf dieser Fahrt auch passiert. Das präkolumbische Zeremonialzentrum El Tajín mit der einzigartigen Pirámide de los Nichos (Nischenpyramide) ist die größte archäologische Attraktion an der Golfküste bis Yukatan und sicher einen Besuch wert. El Tajín war schon hunderte Kilometer im Umkreis ausgeschildert und wir haben uns darauf verlassen, dass dies auch so bleibt und keine GPS-Daten verwendet. Über teils katastrophale Straßen fuhren wir bis Papantla - südlich der Stadt müsste lt. unserem Reiseführer El Tajín liegen. Wir wunderten uns dann doch über die fehlende Ausschilderung und nach einem GPS-Check stellten wir fest – wir waren 40 km zu weit gefahren. Im Reiseführer war nördlich mit südlich verwechselt worden und so standen wir vor der Entscheidung, entweder über eine Stunde zurück zu fahren oder auf dem kürzesten Weg an die Küste. Wir haben uns für die zweite Option entschieden und konnten unseren Hobby schon am frühen Nachmittag auf einem kleinen Campingplatz an der Costa Esmeralda einparken.
An diesem Ostermontag war der Platz fest in mexikanischer Hand und wir erlebten, wie temperamentvoll und vor allem laut die Mexikaner feiern. Das wichtigste dabei waren wohl die Musikanlagen, die sich einen zähen und lautstarken Kampf lieferten. Für uns war dies alles noch etwas gewöhnungsbedürftig. Nachdem dann weit nach Mitternacht etwas Ruhe eingezogen war begann ein neuer Kampf. Unter dem Motto „Mann/ Frau gegen Mücke“ haben wir dann den kurzen Rest der Nacht verbracht. Wie oft sagten wir: „Das ist jetzt die Letzte gewesen“ und dann kam wieder das grauenvolle Summen in unsere Ohren.
Unausgeschlafen und zerstochen stellten wir dann am Morgen fest, dass der Strom in der Nacht ausgefallen war – eine Stromverteilung hatte es nicht mehr geschafft. Wir konnten den Kühlschrank gerade noch rechtzeitig auf Gas umstellen und unser Gefriergut retten.
Wir wollten den Mücken keine zweite Chance geben und sind nach Veracruz weitergefahren, der ältesten spanischen Stadt auf dem amerikanischen Festland. Die Stadt, 1519 von Hernán Cortés gegründet, war der Ausgangspunkt für die blutige Unterwerfung des Aztekenreiches und später der wichtigste Ausfuhrhafen der mexikanischen Edelmetalle nach Spanien.
An einer unübersichtlichen Kreuzung hab ich wohl nicht richtig aufgepasst und plötzlich standen wir mitten im zwielichtigen Bahnhofsviertel von Veracruz. Einbahnstraßen machten das Wenden unmöglich und von den Passanten wurde uns angedeutet, dass unser Auto für die Weiterfahrt zu groß ist. Mit einem etwas unguten Gefühl folgten wir den Hinweisen der finster dreinblickenden Männer und waren nach kurzer Zeit wieder auf dem richtigen Weg. Innerlich schämten wir uns etwas über unsere Vorurteile. Wir müssen eben noch lernen, die Menschen hier richtig einzuschätzen.
Den Abend verbrachten wir in einem netten Restaurant an der Uferpromenade und die Nacht, diesmal ohne Mücken, auf dem großen Wal-Mart-Parkplatz. Am nächsten Morgen war es schon wieder so heiß, dass wir die geplante Bus- oder Taxifahrt in die Stadt streichen mussten. Wir konnten unseren Basko bei den Temperaturen nicht im Auto zurücklassen.
08.04.2010 – Tlacotalpan
Jetzt wollten wir aber endlich etwas mexikanische Kultur erleben. Auf der Liste des UNESCO-Welterbes hat Mexiko 27 Einträge, mehr als jedes andere amerikanische Land – und Tlacotalpan gehört dazu. Die Mex 180 verläuft hinter Veracruz auf einer schmalen Nehrung zwischen dem Golf von Mexiko und der Lagune von Alvaredo. Die letzten Kilometer folgt die Straße dem Rio Papaloapan, dem die Stadt ihren Wohlstand verdankte. Auf rund 400 km war der Fluss mit Dampfschiffen befahrbar und selbst große Überseehandelsschiffe konnten im tiefen Flussbett bis zum Hafen der Stadt gelangen. Zedernholz, Kakao, Baumwolle, Zucker und seltene Vögel wurden über Tlacotalpan nach Veracruz, Südamerika, Kuba und Europa verschifft. Kunsthandwerker fertigten erlesene Produkte aus Stoffen, Silber und Holz. Infolge des Wohlstandes, der sich aus dieser günstigen Handelsposition ergab, erlebte die Stadt in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts einen rasanten Aufschwung. Die Stadt wurde renoviert, es wurden Schulen, ein Theater und sogar eine Straßenbahn gebaut. Doch dann verlor die Stadt innerhalb weniger Jahre ihre Bedeutung, weil mehrere neugebaute Eisenbahnlinien an Tlacotalpan vorbeiführten.
Heute wird genau dies als Glücksumstand angesehen, denn seitdem wurde am Stadtbild kaum etwas geändert und die Zeit scheint stehengeblieben zu sein. Weit weg von der Hektik des modernen Lebens strahlt hier alles erholsame Ruhe aus.
Wir saßen an der Plaza de Armas und ließen die Beschaulichkeit des Lebens auf uns wirken. Selbst Schriftsteller kamen nach Tlacotalpan, um sich von der einzigartigen Atmosphäre inspirieren zu lassen. Während eines kurzen, aber intensiven Regenschauers gingen wir trockenen Fußes unter den langen schönen Säulengängen der Häuser spazieren und bewunderten die Vielfalt der Architektur. Besonders der Anstrich der Häuser in verschiedenen zarten Pastellfarben macht diese Stadt so einmalig. Durch die kunstvoll vergitterten Fenster sahen wir die stilvolle Einrichtung mit alten Gemälden, Kronleuchtern und handgemachten Möbeln. Viele Wohnräume glichen einem Museum.
Zurück am Hobby erlaubte uns der freundliche Pächter der PEMEX-Tankstelle auch noch über Nacht neben seinem Büro zu parken, so dass wir am nächsten Tag den Stadtspaziergang fortsetzen konnten. Mit dem Versprechen, beim nächsten Besuch der Stadt wieder bei PEMEX zu campieren, wurden wir freundlich verabschiedet und setzten unsere Fahrt Richtung Süden fort.
13.04.2010 – Isla Aguada, Campeche und Valladolid
Wir standen unter schattenspendenden Palmen auf dem Campingplatz der Isla Aguada und ließen uns den warmen Wind ins Gesicht blasen. Mit geschlossenen Augen atmeten wir die salzige Seeluft tief ein. Ins Wasser zu gehen kostete keinerlei Überwindung, die Wassertemperatur lag mit über 30 Grad auf Badewanneniveau. Als Abkühlung nicht unbedingt geeignet, aber man kann nicht alles haben.
Wieder einmal waren wir an einem Platz, wo wir es gut eine Woche ausgehalten hätten, wäre da nicht unser Termin in Cancun. So haben wir nur zwei Tage im tropischen Paradies verweilt und schon ging die Tour weiter nach Campeche.
Am Nachmittag erreichten wir die absolut gepflegte Stadt am Meer und konnten einen neuen Eintrag in unsere Statistik aufnehmen. Wir haben den bisherigen Hitzerekord von 42,7 Grad Celsius gemessen. Als wir aus dem klimatisierten Wohnmobil ausgestiegen sind fühlten wir uns wie in das Innere eines Backofens versetzt. Nach einiger Zeit hatten wir uns aber recht gut an diese Temperatur gewöhnt, die durch eine leichte Seebrise erträglich wurde.
Campeche, ein weiterer Ort auf der UNESCO-Welterbeliste, hat seit 1704 eine für Mexiko eher unübliche gewaltige Stadtmauer, welche die Stadt uneinnehmbar gemacht hat. Die hier zur Verschiffung nach Europa liegenden wertvollen Güter und Edelmetalle hatten bis dahin immer wieder plündernde Piraten angelockt. Nach einem verheerenden Überfall im Jahre 1663, bei dem die Stadt praktisch dem Erdboden gleich gemacht wurde, begann der Bau der Stadtmauer. Noch heute ist der historische Stadtkern mit der Kathedrale und den bunt gestrichenen Häusern von der gewaltigen Stadtmauer umgeben, die mit ihren sieben Bastionen und vier Stadttoren die Hauptattraktion von Campeche ist.
Die historische Innenstadt war recht schnell besichtigt und so fuhren wir noch am gleichen Abend weiter. Auf der, über viele Kilometer herrlich am Meer entlang geführten und einer Uferpromenade ähnelnden Mex 180 verließen wir Campeche in Richtung Merida.
Der nächste Tag brachte Regen und damit die Gelegenheit, unserem Hobby in Merida die neuen Schuhe anzupassen, die seit einiger Zeit unsere Stauräume blockierten. Nach knapp 50.000 Kilometern ohne Reifenpanne, und damit etwa der Hälfte der geplanten Fahrstrecke, hatte er sich das verdient.
Den Regen und das schwülwarme Wetter könnte man ja recht gut in einem überdachten Pool mit angenehmen 20 Grad kühlen Wasser ertragen. Geht nicht in Mexiko? Doch!! Auf der flachen und trockenen Halbinsel Yucatan war die Besiedlung durch die Mayas nur möglich, weil es hier über 3000 Cenoten gibt. Das sind Höhlen mit unterirdischen Wasserläufen, die das Regen- oder Grundwasser in einem unterirdischen See sammeln. Eine der schönsten Cenoten Yucatans ist die Cenote Dzitnup, nahe der Stadt Valladolid. Das herrlich kühle Wasser war eine echte Erfrischung und nach einiger Überredung hat dann auch Petra den Sprung ins Wasser gewagt. Ihr waren anfangs die kleinen Fische nicht ganz geheuer. Erst als sie sich davon überzeugt hatte, dass bei mir nichts angeknabbert war hat sie sich umstimmen lassen.
Auf der weiteren Fahrt nach Cancun schüttete es wie aus Eimern und wir sollten noch eine Überraschung erleben.
16.04.2010 – Zwangsaufenthalt in Cancun durch Eyjafjallajökull
Während das Wasser auf den Landstraßen noch einen Abfluß gefunden hatte erlebten wir in Cancun die totale Überschwemmung der Stadt. Bis zu einem halben Meter stand das Regenwasser in den Straßen und wir hatten auch keine Chance umzudrehen. Da gab es nur eins - Augen zu und durch. Viele Autos standen mit Defekten im Wasser und ich hatte auch schon mit Kurzschlüssen in den Steckverbindungen am Wagenboden gerechnet - aber es lief alles problemlos ab: Erst unsere Fahrt durch die Wasserstraßen Cancuns und dann im Laufe des nächsten Tages auch das Wasser auf Cancuns Straßen.
Zwischenzeitlich hatten wir einen ruhigen Stellplatz in einer Seitenstraße der Hotelzone gefunden und freuten uns auf die Ankunft unserer Tochter am nächsten Tag. Während eines morgendlichen Strandspaziergangs erreichte uns die SMS von Katharina: „Alle Flüge gestrichen, komme mit Sicherheit nicht… alles Weitere später“.
Wir waren geschockt! Was war passiert? Wir lebten bis dahin in einer anderen Welt, hatten keine Ahnung vom Vulkanausbruch in Island, dem unaussprechlichen Namen Eyjafjallajökull, der Aschewolke und der Sperrung aller deutschen Flughäfen.
Gut, dass wir vom benachbarten Hotel einen WiFi-Internetzugang hatten, so dass wir uns recht schnell über die Situation informieren konnten. Telefonate mit Katharina, ständige Information über die aktuelle Lage und die Hoffnung auf eine Beruhigung der vulkanischen Aktivität beherrschten die nächsten Tage - aber es gab keine Entwarnung. Also blieb für unsere Tochter nur eine Möglichkeit: Urlaub und Flug verschieben und dann alle Daumen drücken.
Nach fast 2 Wochen Zwangsaufenthalt in Cancun und Umgebung konnten wir am 29. April endlich unsere Tochter in die Arme nehmen. 3 Wochen gemeinsamer Urlaub auf den Spuren der Maya lagen vor uns.