Mittwoch, 23. März 2011

28.12.2010 – 12.02.2011: Durch Kolumbien


29.12.2010 – Zweimal Schlamm war genug

Wir konnten es kaum erwarten. Nach den Weihnachtsfeiertagen ging unsere Reise endlich weiter. Unser erstes Ziel war die Halbinsel Barú, südwestlich von Cartagena gelegen. Die Vororte von Cartagena, durch die wir uns in langsamer Fahrt quälten, waren eng, etwas heruntergekommen und chaotisch – wobei Letzteres vor allem den Verkehr betraf. Busse, Trucks und Pickups hatten sich die Strasse schon untereinander aufgeteilt. Dazwischen kurvten in waghalsiger Fahrt, jede kleine Lücke ausnutzend, unzählige Mopeds und Motorräder und dann gab es noch die Händler mit ihren schweren Holzkarren, die den Wahnsinn perfekt machten.

Nur wenige Kilometer weiter wartete die nächste Herausforderung des Tages auf uns. Wir mussten auf einer Autofähre zur Halbinsel Barú übersetzen, wobei die Fähre nur eine schwimmende Plattform war, an der ein kleiner Kahn mit einem Außenbordmotor angebunden war. Mit höchster Drehzahl kämpfte der sichtlich unterdimensionierte Motor gegen die Strömung des Flusses an, und brachte uns dann doch irgendwie an das gegenüberliegende Ufer. Den Gedanken, was beim Ausfall des Motors alles hätte passieren können, haben wir nicht zu Ende gedacht.

Die Schotterstraße zur Spitze der Halbinsel, wo auch der berühmte Strand Playa Blanca liegt, war so schlecht zu befahren, dass wir unseren Zeitplan völlig überzogen haben. Auf dem Gelände eines Militärpostens fanden wir einen sicheren Stellplatz, bis dann am nächsten Morgen, Punkt 06:00 Uhr, das lautstarke Leben auf dem Gelände begann und damit auch für uns die Nacht vorbei war.

Die weitere Fahrt zum Traumstrand fand an der abzweigenden Zufahrt zum Playa Blanca ihr Ende. Die Straße war, auf Grund des Regens der letzten Tage, eine einzige Schlammpiste. Meine Erkundung zu Fuß brachte die Gewissheit, hier fahren wir mit unserem Hobby nicht rein. Petra war anfangs etwas enttäuscht, aber das Risiko im weichen Schlammboden stecken zu bleiben war uns einfach zu groß. Wir wendeten und fuhren die Holperpiste bis zur Fähre zurück, setzten zum anderen Ufer über und passierten auf unserer Fahrt nach Nordosten nochmals Cartagena.

Jetzt waren es nur noch 50 km bis zum Vulkan Lodo El Totumo, einem der kleinsten Vulkane der Welt, der durch seine Besonderheit trotzdem zur Weltattraktion wurde. Auf einer Holzstiege erklommen wir den Gipfel des nur 15 Meter hohen Vulkans und blickten in den Krater. Was wir hier zu sehen bekamen war schon außergewöhnlich. Der Vulkankrater war ausgefüllt mit cremigem Schlamm und Menschen, die sich darin mit großer Begeisterung suhlten. Zum Teil waren sie völlig im Schlamm untergetaucht und hatten sich dann nur Augen und Mund frei gerieben.

So überrascht, wie hier dargestellt, hatte uns der Anblick natürlich nicht. Wir waren ja gerade wegen dem wohltuenden und heilenden Schlamm hierher gekommen und konnten es kaum erwarten, auch in den Schlammkrater zu steigen. Es war ein ganz außergewöhnliches Gefühl! Der lauwarme cremige Schlamm fühlte sich an wie Schlagsahne, und nach wenigen Augenblicken hatten wir uns an dieses besondere Bad gewöhnt und fanden es sehr wohltuend. Unter uns befanden sich 2000 Meter Schlamm, aber es bestand keine Gefahr unterzugehen. Aufsteigende Gase, die blubbernd an der Oberfläche austraten, sorgten für einen solch starken Auftrieb, dass wir uns im Schlamm kaum senkrecht halten konnten. Unsere Beine wurden wie durch Geisterhand nach oben gedrückt. Nach dem ausgiebigen Schlammbad spülten wir uns in der nahegelegenen Lagune den Schlamm vom Körper, duschten im Hobby und fühlten wir uns wie neugeboren.

30.12.2010 – An der Karibikküste

Wir fuhren weiter nach Nordosten, immer an der Karibikküste entlang. Hinter Barranquilla, in einem sumpfigen Gebiet zwischen Lagunen und dem offenen Meer, liegt das Städtchen Ciénaga. Hier hatte es seit April fast pausenlos geregnet und weite Teile der Stadt in einer braunen stinkenden Brühe versinken lassen. Rechts und links der Straße standen die ärmlichen, fast vollständig überfluteten Hütten. Die Bewohner hatten jedoch keine andere Bleibe und lebten weiterhin in diesen baufälligen Behausungen oder unter einer Plane auf den Dächern ihrer Häuser. Barfuß wateten sie durch den angeschwemmten Schmutz, in dem auch ihre Kinder spielten. Manche hatten das Glück, einen alten Kahn zu besitzen, mit dem sie ihr Haus erreichen konnten.

An der Straße standen unzählige Bewohner dieses Katastrophengebietes, vor allem Frauen und Kinder, die versuchten, von den Autofahrern einige Kleinigkeiten zu erbetteln. Wir waren sehr bedrückt über diese Situation, wollten helfen. Bei einer Familie hielten wir an und gaben ihnen eine warme Decke, zwei Handtücher und einige Pesos. Es war wohl keine wirklich gute Idee, denn nach wenigen Augenblicken war unser Auto von etwa 20 Personen umringt, die ebenfalls etwas abhaben wollten. Sie bedrängten uns regelrecht, und ihre gierigen Blicke ins Innere des Wohnmobils verhießen nichts Gutes. Von allen Seiten kamen weitere Menschen auf uns zu, so dass wir mit Hupe und hoch drehenden Motor nur noch die Flucht ergreifen konnten. Betroffen und nachdenklich fuhren wir weiter. „Wie kann man bei dieser großen Not helfen? Jede Spende ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein.“ Wir hofften, dass wenigstens von den hohen Mautgebühren etwas bei diesen Menschen ankommt. Einige Tage später erfuhren wir aus der Neujahrsansprache des kolumbianischen Präsidenten Santos, dass die Regenfälle und Überschwemmungen im ganzen Land alles Bisherige übertroffen haben. Die Bilanz ist schrecklich: 296 Tode, 2,16 Millionen Betroffene, 1,32 Millionen Hektar fruchtbares Land überflutet und 3353 Häuser zerstört. Santos benannte die Schadenssumme mit annähernd 6 Milliarden US$ und verglich die aktuelle Katastrophe mit der in New Orleans, als Hurrikan Katrina die Stadt überflutete. Er stellte aber auch ein umfangreiches Hilfsprogramm vor, welches auch den Menschen in Ciénaga aus ihrer Not helfen wird.

Nach einigen Tagen auf dem ruhigen und abgelegenen Campingplatz Casa Grande und im Nationalpark Tayrona zog es uns noch mal nach Santa Marta. In Rodadero fanden wir ein schönes Plätzchen, nahe dem Strand und der Stadt. Das Wetter war ideal: blauer Himmel und eine leichte Brise bei 30 Grad. In Santa Marta leben auch einige Deutsche. In Giselas Eiscafe waren wir bald Stammgäste und mit Eugenia und Volker, einem kolumbianisch-deutschen Paar, verbrachten wir manche Stunde mit interessanten Gesprächen.

Unser Hobby erzeugte überall Aufmerksamkeit. Oft wurden wir von Kolumbianern gefragt, ob sie ein Bild vom Wohnmobil und vom Innenraum machen dürften, und sie staunten dann immer über die Ausstattung und den Komfort. Selbst die örtliche Presse hatte sich angemeldet, und wir beantworteten gern die Fragen zu unserer Reise und zum Mobil.

11.01.2011 – Durch die Ostkordilleren

Mit Santa Marta und Umgebung hatten wir den nördlichsten Punkt unserer Südamerikareise erreicht. Die Straße nach Süden verläuft am Fuße der Ostkordilleren, im Osten liegt das Gebirge und im Westen eine weite Hochebene, auf der Rinderherden und Pferde friedlich grasten.

In El Copey übernachteten wir auf dem Parkplatz der örtlichen Polizei. Unser Wohnmobil war an diesem Tag wieder einmal die Hauptattraktion im Ort. Bis spät am Abend kamen die Frauen der Polizisten mit ihren Kindern und bewunderten unser Auto. „Con cocina, baño y frigirífico“ (mit Küche, Bad und Kühlschrank) hörten wir sie flüstern und das Staunen nahm kein Ende.

Gestaunt haben auch wir am nächsten Tag, als wir mit unserem undichten hinteren Reifen an einer Reifenflickerei hielten und sahen, wie schnell und professionell der Reifen repariert wurde. Die ganze Großfamilie stand dabei und beobachtete jeden Handgriff. Nach der obligatorischen Frage nach dem woher und wohin war das Interesse wieder groß. Mit vielen guten Wünschen und einem freundlichen Schulterklopfen wurden wir verabschiedet.

In San Alberto mussten wir eine Entscheidung treffen. Hier beginnt die alte Gebirgsstraße durch die Ostkordilleren nach Bogota und auch eine alternative Schnellstraße. Die landschaftlich schönere Gebirgsstrecke war seit den schweren Regenfällen im Dezember gesperrt, weil Brücken weggespült und die Straße durch gewaltige Erdrutsche verschüttet wurde. Nach der offiziellen Information im Internet war die Straße immer noch nicht passierbar. Vor Ort, in San Alberto, bekamen wir jedoch an der Tankstelle und bei der örtlichen Polizei die Auskunft, dass wir schon durchkommen würden. Wir haben es riskiert und sind die Gebirgsstrecke gefahren. Die ersten 50 Kilometer waren sehr angenehm zu fahren, die Straße führte mit leichter Steigung in die Berge. Vor dem Ort El Playón staute sich dann der Verkehr, man sagte uns, dass an der Straße gearbeitet wird und das Passieren der Baustelle jeweils nur kurzzeitig in einer Richtung möglich ist. In einer Stunde sollte der Verkehr freigegeben werden. Aus dieser einen Stunde wurden dann sechs und es war schon dunkel, als sich die Fahrzeugschlange so langsam in Bewegung setzte. Weit sind wir aber nicht gekommen. Nach 4 Kilometern war im Ort El Playón schon wieder Schluss. Wir standen direkt neben einer Tankstelle und einen freien Parkplatz gab es auch. Ohne lange zu überlegen fuhren wir rechts raus und parkten unseren Hobby für die Nacht ein. In der angrenzenden Gaststätte gab es Würstchen vom Holzkohlegrill und kaltes Bier, so dass der Tag noch einen guten Abschluss nahm.

Am nächsten Morgen, kurz nach 5:00 Uhr, stand der Tankwart mit zwei Tinto (starken schwarzen Kaffee) vor unserer Tür und klopfte uns aus dem Schlaf. Unsere Richtung sollte in wenigen Minuten freigegeben werden. Schnell waren wir angezogen und bereit zum Start. Die Trucker auf der Straße hatten es nicht so gut wie wir. Sie mussten im Sitzen schlafen und immer bereit sein, einige Meter weiterzufahren. Langsam setzte sich die Kolonne in Bewegung. Schon an der ersten Baustelle sahen wir das Ausmaß dieser Naturkatastrophe. Nur provisorisch war die Straße von den meterhohen Schlammmassen frei geräumt, Häuser waren verschüttet oder zerstört, weil sie dem Erddruck nicht standgehalten haben. Auf den nächsten 50 Kilometern eine ähnliche Situation, dann wurden die Straßenverhältnisse wieder stabiler, wir waren umgeben von Berggipfeln und tiefen Tälern. Immer weiter schraubte sich die Straße, bis auf über 3000 Meter, in die Höhe. An vielen Stellen hatten wir spektakuläre Ausblicke. Tief unten schlängelte sich der Fluss im Licht der tief stehenden Sonne, wie ein silbernes Band, durch das Tal. In exponierter Lage wurde der Nationalpark Chicamocha gegründet und zwischenzeitlich in einen Erlebnispark ausgebaut. Für uns war nur der Parkplatz mit der atemberaubenden Aussicht auf den Cañon von Interesse, wo wir den Tag mit einem einmaligen Panoramablick beendeten und eine ruhige Nacht verbrachten.

16.01.2011 – Historisches Villa de Leyva

Man sagt, in Villa de Leyva ist die Zeit stehengeblieben, und wenn man durch die kopfsteingepflasterten Straßen dieser Stadt läuft und sich die historischen Gebäude betrachtet, dann kann man das nur bestätigen. Es ist eine kleine, aber absolut authentische Kolonialstadt, die fast vollständig in ihrer historischen Bausubstanz erhalten geblieben ist. Moderne Architektur sucht man vergebens. Rund um den Plaza Mayor, es ist der größte seiner Art in Kolumbien, stehen besonders eindrucksvolle Kolonialhäuser mit wunderschönen Innenhöfen, in denen sich heute Restaurants oder Cafés befinden.

Wir ließen uns durch die holprigen Gassen treiben und fühlten uns um Jahrhunderte zurückversetzt. Nichts störte den historischen Eindruck, sah man mal von den vereinzelt die Straße entlang holpernden Autos ab. Am Plaza Mayor setzte sich die Illusion fort, auch hier Mittelalter pur.

Der Platz war voller Menschen. Eine Gruppe Bauern in einfacher Leinenkluft und mit zerrissenen Strohhüten auf dem Kopf, stand in angeregtem Gespräch beieinander. Die Fäuste waren zum Protest erhoben und zeigten in Richtung Rathaus. In aufwändig gestickten Kleidern und unter aufgespannten Sonnenschirmen liefen hier die Damen der besseren Gesellschaft, begleitet von Herren in feinen Anzügen, vorüber. Das Rathaus wurde von Soldaten mit unförmigen Musketen bewacht.

Für den historischen Film, der hier gerade gedreht wurde, war die Stadt eine ideale Kulisse. Wir standen noch einige Zeit an der Plaza und betrachteten das Spektakel, als wir freundlich auf Deutsch angesprochen wurden. „Seid Ihr mit dem Hobby unterwegs?“. Vor uns standen Peter und Ruth, ein Schweizer Paar auf Südamerikatrip. Die Beiden kamen von Süden und hatten viele gute Tipps für uns. Leider wollten sie am nächsten Morgen weiterfahren, so dass wir uns noch am selben Abend auf dem netten und sauberen Campingplatz am Ortsrand trafen und unsere Erfahrungen austauschten. Gut, dass wir auch immer gleich die GPS-Daten bekamen, so dass es später ein Leichtes war, die interessanten Orte oder guten Übernachtungsplätze zu finden. Ein entsprechendes Gerät mit den Karten von Südamerika hat heute fast jeder Reisende dabei.

Mit Michele und Reto, einem weiteren Schweizer Paar, verbrachten wir noch einige Tage in Villa de Leyva. Das milde Klima und das historische Flair dieser Stadt begeisterten uns immer wieder aufs Neue. Dann verließen wir Villa de Leyva mit dem gemeinsamen Ziel Zipaquira.

25.01.2011 – Eine Kathedrale – ganz aus Salz

Erst am Abend kamen wir in Zipaquira an. Michele und Reto waren schon da und hatten uns einen Parkplatz vor dem Museum freigehalten. Hier standen wir sicher und recht ruhig.

Am nächsten Tag waren wir die ersten Besucher am Eingang zur Salzkathedrale, so dass wir den englischsprachigen Guide fast für uns allein hatten. Er wusste alles über die Salzgewinnung in diesem Bergwerk und den Bau der zwei Salzkathedralen. Die erste musste wegen Einsturzgefahr im Jahre 1992 für Besucher geschlossen werden. In 5-jähriger Bauzeit wurde ab 1990 die neue Salzkathedrale aus dem Salzgestein gehauen. Ein Kreuzgang mit 14 Stationen führte uns immer tiefer in den Berg hinein, bis wir staunend in der dreischiffigen Kathedrale standen. Mit 120 Meter Länge, 22 Meter Höhe und ca. 8000 Quadratmeter Fläche ist sie fast so groß wie der Kölner Dom. Bis zu 8000 Besucher haben in dieser monumentalen Kathedrale Platz. Im Innern besteht alles aus Salzkristall. Selbst die filigranen Engel und Madonnenstatuen sind aus Salz gemeißelt.

Es war für uns ein beeindruckendes Erlebnis, durch die Kathedrale, die kleinen Kapellen und den Kreuzgang zu wandeln und die Dimension dieser unterirdischen Kathedrale, sie zählt zu den größten religiösen Bauwerken der Welt, auf uns wirken zu lassen. Dabei haben die gezielt eingesetzten Lichteffekte die Wirkung noch verstärkt.

Beim anschließenden Spaziergang durch die nette kleine Altstadt von Zipaquira lauerte an jeder zweiten Ecke die Versuchung. ‚Carne asado’ ist der Begriff für lecker gewürztes Rind- und Schweinefleisch, welches auf einem Spieß am offenen Feuer gebraten wurde. Ich konnte dieser Versuchung nicht widerstehen und hatte mich dann mit der riesigen Portion knusprigen Fleisches fast übernommen. Gut, dass Basko auch ‚Carne asado’ mag, so dass wirklich nichts übrig geblieben ist.

28.01.2011 – Über die Zentralkordilleren zur Panamericana

Von Zipaquira aus fuhren wir auf der Umgehungsstraße um Bogotá herum und dann weiter westwärts. Die als ‚La Linea’ bezeichnete Querverbindung zwischen Bogotá und Armenia war eine Herausforderung für unser Wohnmobil und unsere Nerven. Im dichten LKW-Verkehr ging es bis auf über 3000 Meter in die Berge und dann wieder ins Tal der Zentralen Kordilleren. Die Kurven sind auf dieser Bergstrecke so steil, dass die großen Trucks die gesamte Gegenfahrbahn benötigten, um weit genug ausscheren zu können. Anwohner regelten an diesen unübersichtlichen Kurven den Verkehr und hofften, damit einige Pesos zu verdienen.

Im Tal, auf etwa 200 Meter Höhe angekommen war es drückend heiß und schwül. Die großen Parkplätze von öffentlichen Schwimmbädern oder von Hotels wären die idealen Übernachtungsplätze gewesen, aber dieses Klima wollten wir uns für die Nacht nicht antun. Nach Ibaqué stieg die Straße wieder an und die Temperaturen wurden erträglich – nur einen Übernachtungsplatz fanden wir nicht. Die schmale Straße schmiegt sich dicht an die Berghänge und lässt keinen Platz für Parkplätze oder Tankstellen. Auf keinen Fall wollten wir in der Dunkelheit auf dieser gefährlichen Straße weiterfahren. Wir hatten uns schon fast damit abgefunden, direkt neben der Straße zu übernachten, als uns wieder einmal der Zufall zu Hilfe kam. Eine kleine Gruppe der kolumbianischen Armee hatte auf einem ebenen Platz neben der Straße einen Kontrollposten errichtet und freute sich über die Abwechslung. Natürlich durften wir neben dem gepanzerten und bewaffneten LKW übernachten, aber erst einmal waren unzählige Fragen über unsere Reise und unser Wohnmobil zu beantworten. Mit frischem Obst und Gemüse als Gastgeschenk kam dann noch die ganze Familie von einer nahegelegenen Finca und lud uns für den nächsten Tag zur Besichtigung ein.

Kurz nach dem Frühstück stand der Patron, das Familienoberhaupt, am Wohnmobil und führte uns zu seiner Finca. Auf dem fast unzugänglichen Gelände am Steilhang wurden Bananen, Mandarinen, Tomaten, Kaffee und Kakao angebaut. Besonders die Bananenernte war sehr mühsam. Mit einem trittsicheren Pferd wurden die Stauden auf schmalen Pfaden nach oben transportiert. Die am sonnigen Hang, völlig ohne chemische Düngung, gewachsenen Bananen waren ein Genuss für uns. Um uns eine Freude zu machen, schenkte uns der Patron eine ganze Bananenstaude und wies jede Form einer Bezahlung energisch zurück. Mit einer Tafel Schokolade für das jüngste Familienmitglied und einigen Büchsen Bier bedankten wir uns.

Wie schnell die noch grünen Bananen in unserem warmen Stauraum reiften und wie lange wir drei; ja, auch Basko bekam jeden Tag eine Banane, an der Staude zu kauen hatten, ahnten wir damals noch nicht. Wir verschenkten Bananen, wo es ging, und hielten uns tapfer. Noch lange danach konnten wir keine Bananen mehr ersehen und bei freundlichen Geschenken dieser Art sind wir jetzt auch viel zurückhaltender.

01.02.2011 – Unverfälschte Kleinstädte und beeindruckende Landschaften

Armenia ist eine recht schmucklose Verwaltungshauptstadt. Die meisten älteren Gebäude wurden durch Erdbeben so stark beschädigt, dass sie abgerissen und nüchternen Neubauten weichen mussten. Anders als die Stadt ist die Umgebung jedoch sehr sehenswert. Nur eine Stunde fuhren wir mit dem Wohnmobil bis Salento, es kam uns aber so vor, als hätten wir eine Zeitreise in die Vergangenheit gemacht. Schöne alte Häuser, in denen sich Geschäfte, Restaurants und Hotels befinden, umgeben den zentralen Marktplatz. Mit ihren buntbemalten Eingangstüren und Balkonen sind sie typisch für diese Gegend. Auch in den Nebenstraßen stört kein Neubau das Gesamtbild dieser Kleinstadt und die über 50 Jahre alten, für den öffentlichen Verkehr unverzichtbaren, Willy-Jeeps passen genau hier her.

Östlich von Solento erstreckt sich das beeindruckende Valle de Cocora, welches uns mit seinen ausladenden grünen Tälern und bewaldeten Berggipfeln fast an die deutschen Mittelgebirge erinnerte, wären da nicht die bis zu 30 Meter hohen Wachspalmen gewesen. Diese Palmen sind die eigentliche Attraktion des Tales und viele Tagestouristen kommen nur deshalb in das kleine Dorf Cocora, welches lediglich aus ein paar Häusern und 3 Restaurants besteht. Am Restaurant „Bosque de Cocora“ fanden wir einen idyllischen Stellplatz für die Nacht und einen guten Ausgangspunkt für unsere Wanderung ins Tal.

Am nächsten Tag überwanden wir, auf abenteuerlichen Hängebrücken und auf quergelegten Baumstämmen, mehrmals den Rio Quindío und wanderten immer weiter hinein in das wildromantische Tal. Dann, an einer zusammengebrochenen Hängebrücke war Schluss, wir mussten umkehren. Abgekämpft und müde kamen wir erst spät abends zum Hobby zurück und hatten überhaupt keine Lust mehr selbst zu kochen. Stattdessen ließen wir uns die hervorragenden Lachsforellen, eine Spezialität aus dem Valle de Cocora, im Restaurant schmecken und gingen früh schlafen.

Am nächsten Tag stand noch Filandia, eine ähnlich schöne Stadt wie Salento, auf unserem Plan, bevor wir auf der Panamericana weiter südwärts fuhren.

07.02.2011 – Silvia - das Zentrum der Guambiano- Indigenas

Etwas abseits der Panamericana, hoch oben in den Bergen der Zentralkordilleren, liegt Silvia. Die Kleinstadt ist das Zentrum der Guambiano, einem der traditionellsten Indianervölker Kolumbiens. Die Indigenas leben in der Umgebung der Stadt und kommen immer dienstags zum Markttag nach Silvia, um Früchte, Gemüse und handwerkliche Arbeiten zu verkaufen und sich mit allen lebensnotwendigen Dingen einzudecken. Es ist der bunteste Indiomarkt in Kolumbien. Überall sahen wir die Indigenas, die mit Stolz ihre traditionellen Röcke, Blusen und die knapp sitzenden Hüte trugen. Auch die Männer kamen in Röcken daher, aus denen ihre stacheligen nackten Waden herausschauten. Einige machten auf dem Marktplatz ihre Geschäfte während ihre Frauen, in handgewebten Kleidern und mit Perlenketten geschmückt, handwerkliche Dinge herstellten.

Wir saßen am Marktplatz und konnten uns kaum satt sehen, an diesem Fest der Farben und der fremden Kultur. Alles wirkte auf uns wie ein Schauspiel – es war aber das reale Leben in Silvia. Zum realen Leben der Guambiano gehört, neben allen Traditionen, aber auch das allgegenwärtige Mobiltelefon oder ein Motorrad. Ganz so weit hinter dem Berg leben auch die Indigenas in Kolumbien nicht mehr.

10.02.2011 – Durch den gefährlichen Süden Kolumbiens

Auf unserer weiteren Fahrt nach Süden besuchten wir Popayan, eine der schönsten alten Städte Kolumbiens. 1537 gegründet, entwickelte sie sich, nicht zuletzt wegen des milden Klimas in 1800 Meter Höhe, zu einem wichtigen politischen, religiösen und kulturellen Zentrum. Im Jahre 1983 wurden die meisten historischen Gebäude bei einem Erdbeben ernsthaft beschädigt oder zerstört. Der detailgetreue und kostspielige Wiederaufbau dauerte 20 Jahre, das Ergebnis rechtfertigt aber diesen Aufwand. Die Altstadt mit ihren ausschließlich weißen Gebäuden ist heute ein Schmuckstück. In den Straßen pulsierte das Leben und dank des hohen Studentenanteils wirkte die Stadt jung und frisch.

Nach unserem Stadtspaziergang verliefen wir uns hoffnungslos in den vielen Gassen und fanden unseren Wohnmobilparkplatz nicht wieder. Die Gegend, abseits der Altstadt, wurde immer schäbiger, die Läden waren geöffnet, aber vergittert, so dass man nicht hineingehen konnte. Der Kauf wurde durch das Gitter abgewickelt. Zwei Männer, die uns als Touristen erkannt haben, sprachen uns an und warnten uns davor hier weiterzugehen. Eine eindeutige Geste ihres Zeigefingers am Hals und die beschwörenden Worte „Peligroso“ (Gefährlich) machten uns Angst. Unglücklicherweise hatten wir keine Adresse unseres Parkplatzes mit, so dass ein Taxi auch keine Lösung gewesen wäre. Wir gingen den ganzen Weg zur Altstadt zurück und erkannten unseren Fehler. Am symmetrisch aufgebauten Parque Caldas waren wir in die falsche Richtung gelaufen. Jetzt wurden uns die Straßen wieder vertraut und nach wenigen Minuten saßen wir im Hobby und ließen uns den leckeren Kuchen aus Popayan schmecken.

Südlich von Popayan wurde die Landschaft wild und ursprünglich. Tiefe Schluchten und kaum zugängliche Berge erschwerten die Besiedlung. Auf der Straße war kaum Verkehr. An einer Polizeikontrolle wurden wir rausgewinkt und aufgefordert, die Panamericana nicht zu verlassen. Die wenigen Dörfer abseits der Straße sind, wie auch das gesamte Gebiet, ein letztes Schlupfloch der Terrororganisation FARC (Fuerzas Armadas Revolucionarias de Columbia), die in den letzten Jahren für den schlechten Ruf Kolumbiens in der Welt gesorgt hat.

An einem Schwimmbad verbrachten wir die Nacht. Hier trafen wir Juan, einen 25-jährigen Soldat der kolumbianischen Armee. Auch er warnte uns vor der FARC und zeigte uns seine vernarbten Schussverletzungen. Dreimal wurde er schon im Kampf gegen die Terroristen verletzt.

Mit einem mulmigen Gefühl fuhren wir die letzten 250 Kilometer durch den nicht ganz ungefährlichen Süden Kolumbiens. In der Grenzstadt Ipiales blieben wir noch einen Tag. Wir besichtigten die in einer Schlucht liegende neogotische Wallfahrtskirche Santuario De Las Lajas und wurden dann in der Stadt von einem Reporterteam des kolumbianischen Fernsehens angehalten und interviewt. Gut, dass ich mein spanisch-englisches Gestammel nicht selbst sehen musste, der Reporter war aber begeistert und versprach, einen guten Bericht daraus zusammen zu schneiden.

Da in Ecuador ein anderes Gasanschlusssystem verwendet wird, versuchten wir noch in Kolumbien unsere fast leere Zweitflasche zu befüllen – aber wir hatten kein Glück. „No hay Gas“ (es gibt kein Gas) stand in großen Lettern an allen Abfüllstationen seit Popayan. In Ipiales gelang es uns dann doch, mit viel Überredungskunst und einigen Dollars, eine gefüllte Flasche aus dem „eisernen Bestand“ zu kaufen. Wir waren erleichtert und das ganze Team von Montangas hatte genug Zeit, um sich das Gassystem unseres Wohnmobils ganz ausführlich erklären zu lassen. Am nächsten Morgen verließen wir Kolumbien.

Zwei Monate haben wir in diesem schönen Land verbracht und ausschließlich gute Erfahrungen gemacht. Wir waren uns erst nicht sicher, ob wir um Kolumbien einen großen Bogen machen sollten und sind heute sehr froh, dass wir uns nicht von kritischen und sicher auch überzogenen Berichten beeinflussen ließen. Während in fast allen Ländern Lateinamerikas die Kriminalität steigt hat es Kolumbien geschafft, die Kriminalitätsrate drastisch zu senken. Die Sicherheit in den Städten und auf den Hauptstraßen ist durch eine hohe Polizei- und Armeepräsenz jederzeit gewährleistet.

Kolumbien ist ein sauberes, modernes und sehr schönes Land. Die Menschen sind herzlich und aufgeschlossen. Sie leiden unter dem schlechten Ruf, den Kolumbien im Ausland hat und freuen sich über jeden Tourist, der ihr Land besucht und es von seiner angenehmen Seite kennen lernt.

Dienstag, 15. März 2011

Die Nenana-Eiswette - knapp daneben getippt


Vielleicht erinnert sich der eine oder andere noch an die Nenana-Eiswette. Es ging darum, ganz genau vorherzusagen, wann auf dem Nenana-River das Eis bricht. Dafür wurde ein Dreibock auf das Eis gestellt, der über ein Seil mit einer Uhr verbunden war. Kippt der Dreibock, dann stoppt die Uhr. Ich bin schon etwas stolz, dass ich den 29.04.2010 richtig getippt hatte. Bei der genauen Uhrzeit lag ich leider knapp sieben Stunden daneben. Der Jackpot in Höhe von 279.030,00 US$ ging an drei Spieler aus Alaska.