Donnerstag, 3. September 2009

06.08. – 27.08.2009: Alaska

Alaska, im Jahre 1867 für die geringe Summe von 7,2 Millionen Dollar den Russen abgekauft, galt lange Zeit als nutzlose Eiskammer im Norden. Erst mit dem Goldrausch ab 1880, der strategischen Bedeutung Alaskas ab 1942 bis zum Ende des kalten Krieges und der Erschließung der Ölvorkommen ab 1968 rückte Alaska zunehmend in das Blickfeld der Öffentlichkeit. Die wachsende Bedeutung für das Mutterland USA zeigte sich auch darin, dass Alaska im Jahre 1959 zum 49. US-Bundesstaat konstituiert wurde.

Obwohl wir uns im Vorfeld recht gut informiert hatten hielt sich doch in unseren Köpfen die Vorstellung vom klimatisch unwirtlichen Alaska, das wir evtl. sehr schnell wieder verlassen wollten. Diese falsche Ansicht haben wir grundlegend korrigiert.
Alaska ist ein wunderschönes Land, welches sich nur mit Superlativen beschreiben lässt. Über 3 Millionen Seen, 3000 Flüsse, 80.000 Kilometer Küste, die höchsten Berge Nordamerikas und gigantische Gletscher. Dazu (während unserer Reise) ein freundliches Klima mit vielen Sonnentagen und angenehmen Temperaturen.

Alaska ist mehr als viermal so groß wie Deutschland, wobei der größte Teil der nur 670.000 Einwohner im gut erschlossenen Südosten des Landes lebt. Während große Teile Alaskas nur per Boot oder Buschflieger erreichbar sind ist im Südosten eine gute Versorgungs- und Infrastruktur vorhanden – ideale Bedingungen für unsere Rundreise.

06.08.09 - Fairbanks

Ab Delta Junction fuhren wir auf dem Richardson Highway über North Pole, wo Santa Claus zu Hause ist, nach Fairbanks, der zweitgrößten Stadt Alaskas.

Der einstige kleine Handelsposten erlangte im Jahr 1902 große Bedeutung, als der Italiener Felix Pedro in den Tanana Hills Gold fand und damit für einen kurzen aber intensiven Goldrausch sorgte. 6000 Goldschürfer suchten ihr Glück in den Minen nördlich der Stadt und noch heute stehen im Pedro Creek Freizeitgoldsucher mit ihren Pfannen und freuen sich über winzige Mengen Goldstaub. „Das sollte ich auch mal versuchen“ sagte ich zu Petra. Schon nach einer halben Stunde im kalten Wasser hatte ich jedoch die Hoffnung auf schnellen Reichtum aufgegeben.

Die beschwerliche Arbeit des Goldwaschens wurde in den Jahren nach dem Goldrausch von Minenfirmen mechanisiert und im großen Stil betrieben. In Chatanika steht und verfällt der historische Gold Dredge # 3, ein monumentaler Eimerketten-Schwimmbagger, mit dem die ganze Gegend durchwühlt und bis in die 50er Jahre goldhaltiger Sand gewaschen wurde.

Aus jener Zeit scheint auch der „Hooling Dog Saloon“ zu stammen. Heute eine beliebte Musikkneipe hat sie sich die Ursprünglichkeit der frühen Jahre bewahrt. Hier ist alles authentisch. Bärtige Männer sitzen im Halbdunkel, die Decke ist gepflastert mit signierten Dollarscheinen und in den massiven Holztresen sind Kerben und Initialen eingeritzt. Wir ließen bei einem Drink den Saloon auf uns wirken und nebenbei hatte ich auch noch gelernt, dass man im Hooling kein Budweiser sondern das Bier von der örtlichen Brauerei trinkt.

Die Innenstadt von Fairbanks war in wenigen Stunden besichtigt. Ein Nebeneinander von alten und modernen Bauten, Werbetafeln und großen Parkplätzen prägen das Bild dieser Stadt, die eine wichtige Rolle bei der Versorgung des Hinterlandes einnimmt. Schön gestaltet ist der Pioneer Park, eine Mischung aus Living Museum, Goldrush Town und Amusement. Hier stehen originale Kulissen, Blockhäuser und ein Riverboot aus der Goldrauschzeit sowie einige interessante Museen.
Jeden Abend gibt es Lifemusik und ein großes „All you can eat“-Bufett mit Steaks und feinsten Alaskafisch.

Nördlich von Fairbanks beginnt der Dalton Highway, die nördlichste Strasse des Kontinents. Sie führt über 670 Kilometer zur Prudhoe Bay und erschließt die Ölfelder in der Beaufortsee. Parallel zum Highway verläuft die Trans-Alaska-Pipeline zum eisfreien Hafen Valdez. Aus Zeitgründen sind wir auf dieser Strasse nur ein kleines Stück Richtung Norden gefahren und nach 3 Tagen in Fairbanks und der Umgebung starteten wir in Richtung Denali Nationalpark.


10.08.09 – Nenana

Nach etwa 100 Kilometern erreichten wir Nenana am Zusammenfluss von Tanana – und Nenanariver. Das kleine Städtchen ist in ganz Alaska bekannt durch die „Nenana Ice Classic“ - eine Art Wette, bei der seit 1917 versucht wird auf die Minute genau vorauszusagen, wann im Frühjahr das Eis auf dem Tananariver aufbricht. Dazu wird ein großer mit einer Uhr verbundener Holzbock auf das Eis gestellt, welcher die Uhr anhält, wenn das Eis bricht. Mehrere hunderttausend Wettscheine werden jedes Jahr verkauft und auf unserem Wettschein steht: 29.04.2010, 03:47 PM. Wir werden sehen, ob es doch noch mit dem schnellen Reichtum klappt.

11.08.09 – Denali Nationalpark

Am späten Nachmittag im Denali Nationalpark angekommen mussten wir feststellen, dass alle Campingplätze ausgebucht waren. Der schon 1917 gegründete Nationalpark hat heute eine sehr restriktive Besucherregelung. Man kann den Park nur mit speziellen Shuttle- und Tourbussen besuchen und die Campgrounds haben in Summe nur 273 Stellplätze. Das führte dazu, dass der Park vom Massentourismus verschont blieb - und wir keinen Stellplatz für die Nacht bekamen.

Uns blieb nichts weiter übrig, als auf dem Besucherparkplatz mit dem Schild „No overnight parking“ die Nacht zu verbringen, um dann am frühen Morgen bei klirrender Kälte am Ticketschalter für die Shuttlebusse zwei der begehrten Tickets zu „erstehen“. Es war die erste Frostnacht auf unserer Reise und es folgte ein klarer sonniger Tag.

Die Fahrt in den Park war ein Erlebnis der besonderen Art. Die unverfälschte großartige Natur und die Tierwelt in der mit Wildblumen übersäten Tundra haben uns sehr beeindruckt. Höhepunkte waren die Beobachtung von Grizzlybären und der Blick auf den selten wolkenfreien Mount McKinley, den mit 6194 Metern höchsten Berg Nordamerikas. Völlig vereist, überdimensional und fast unwirklich baute er sich mit einem Höhenunterschied von 5.500 Metern vor unseren Augen auf. Selbst im Himalaja gibt es keine vergleichbar steil aufragenden Bergmassive.

Nach 8 Stunden auf der rumpeligen Parkroad waren wir froh, wieder zu Hause zu sein und Basko, der im Hobby auf uns wartete, teilte diese Freude ausgelassen mit uns.

13.08.09 – Anchorage

In Anchorage, der größten Stadt Alaskas leben über 280.000 Menschen und damit fast die Hälfte aller Einwohner des 49. US-Bundesstaates. Es ist die einzige „richtige“ Großstadt und wirtschaftliches Zentrum mit einer ausgeprägten kommerziellen Infrastruktur.

Durch die günstige Lage zwischen der Cook Inlet Bucht und den Kenai Mountains herrscht hier ein gemäßigtes und für uns angenehmes Klima. Nördlich der Stadt liegt das fruchtbare Matanuska Valley, welches mit 165 frostfreien Tagen und viel Sonnenschein ideale Gemüseanbaubedingungen besitzt. Ein 48 Kilogramm schwerer Rekordkohlkopf wurde kürzlich prämiert und selbst in der Innenstadt von Anchorage wachsen in Rabatten zwischen Blumen auch Petersilie, Broccoli und Rotkohl.

Interessant ist auch, dass in Anchorage über 30 Schwarzbären leben, die von der hektischen Großstadt kaum Notiz nehmen, gelegentlich durch die Strassen laufen und sich an ungesicherten Mülltonnen bedienen. Es ist die weltweit einzige innerstädtische Bärenpopulation.

So selbstverständlich, wie bei uns eine Busfahrt ist in Alaska das Reisen mit kleinen Privatflugzeugen. Fast jeder Ort hat eine Start- und Landebahn oder einen See für Wasserflugzeuge und in Anchorage ist alles noch etwas größer. Auf dem Lake Hood, direkt neben dem International Airport, liegen tausende von Wasserflugzeugen und täglich über 800 Start und Landungen sind im Sommer keine Seltenheit.

Für uns war Anchorage eine Zwischenstation vor der Fahrt auf die Kenai Peninsula.

15.08.09 – Kenai Peninsula

Das war ein freudiges Wiedersehen, als wir in Soldotna die Wiedemanns trafen. Seit Halifax fuhren wir fast dieselbe Strecke und hier kreuzten sich unsere Wege. Jeder hatte viel erlebt, und so genügte der erste Abend nicht, um alle Eindrücke und Erfahrungen auszutauschen. Wir blieben noch drei Tage in Soldotna, an der Westküste der Kenai-Halbinsel, genossen frische Lachse aus dem Kenai-River und jeden Tag Pilze und Beeren aus den umliegenden Wäldern.

Nahe Soldotna liegt Kenai City, die bereits 1791 von den Russen gegründete und heute größte Stadt der Halbinsel. Die gepflegte russisch-orthodoxe Kirche mit ihren drei Zwiebeltürmchen erinnert an diese Zeit. Hoch über den Klippen liegen die alten Gebäude der Oldtown und wir hatten einen herrlichen Ausblick über die Mündung des Kenai-River und den zuletzt 1992 ausgebrochenen Vulkan Mount Spurr.

Seward im Südosten der Kenai-Halbinsel war für uns Ausgangspunkt eines Bootstrips in den Kenai-Fjords-Nationalpark. Berge, Gletscher, die blaue See und Wale waren die eindrucksvollsten Fotomotive, wobei ich erkennen musste, wie schwer es ist einen Wal zu fotografieren. Mit schussbereiter Kamera und aufgesetzten Teleobjektiv standen wir an der Reling unseres Ausflugsbootes. Wir hatten nur einen kleinen Sichtbereich durch die Kamera und die Wale tauchten immer an einer anderen Stelle auf. So kann ich von den tollen Luftsprüngen der Orcawale nur berichten – den fotografischen Beweis muss ich leider schuldig bleiben.

22.08.09 – Hope

Wie das Sprichwort so sagt, trifft man sich immer zweimal. In unserem Fall galt das für die Wiedemanns. Nach 2 erlebnisreichen Tagen mit Wandern und Goldwaschen am Resurrection Creek nahe Hope bogen wir gerade auf den Highway ein, als sie uns entgegen kamen. „Natürlich fahren wir mit zurück und bleiben noch einen Tag auf dem wunderschönen Platz im Wald“ war unsere einstimmige Meinung. Zu diesem Zeitpunkt wussten wir noch nicht, was uns die nächsten Tage so bringen werden und wie ungeeignet der Platz für eine Panne ist.

Da der kanadische Diesel teilweise Wasser enthält wollte ich dem Ford wieder mal etwas Gutes tun und versuchte das Wasser aus dem Kraftstofffilter abzulassen. Dabei ist wohl zu viel Diesel aus dem Filter gelaufen und der Motor ließ sich nicht mehr starten. Jetzt lief das ganze Programm ab: Batterie leer gestartet, Fehlermeldung auf dem Display, Luft im System und dann hab ich noch den Kraftstofffilter ausgetauscht, um wenigstens diese Fehlerquelle auszuschließen. Natürlich passiert so etwas an einem Freitag, so dass wir zwei lange Tage und zwei fast schlaflose Nächte im Wald verbrachten bis wir dann am Sonntagabend (in Deutschland war es schon Montag früh) bei Ford-Pichel in Chemnitz anrufen konnten und die entscheidenden Tipps bekamen.

Unser Jubelschrei übertönte am nächsten Morgen das Motorengeräusch nach dem wir die telefonischen Anweisungen genau befolgt hatten. Mir fiel ein zentnerschwerer Stein vom Herzen. Die Wiedemanns und Dane, ein hilfsbereiter Amerikaner, freuten sich mit uns gemeinsam.

Glücklich über die behobene (selbstverschuldete) Panne und um einige Kenntnisse reicher starteten wir in die letzte Alaska-Etappe. Über Anchorage, Tok und den Taylor-Highway fuhren wir in Richtung kanadische Grenze.

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